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Frage von Andrea S. •

Frage an Serkan Tören von Andrea S. bezüglich Jugend

Sehr geehrter Herr Tören,

mit großem Interesse habe ich hier Ihre Ausführungen zum Thema Beschneidung gelesen. Ich habe diesbezüglich einige einfache Fragen.

1. Warum ist es überhaupt wichtig, ob die Beschneidung nun harmlos ist oder nicht? Ich darf doch auch keinem Kind die Ohrläppchen abschneiden und dass wäre noch viel harmloser.

2. Und das ist meine wichtigste Frage. Artikel 1 des GG in Verbindung mit dem APR:

Zitat: "Allgemeines Persönlichkeitsrecht:
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR) ist ein absolutes umfassendes Recht auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit. Es wurde 1954 vom Bundesgerichtshof entwickelt und wird auf Art. 2 Abs. 1 GG (Freie Entfaltung der Persönlichkeit) in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (Schutz der Menschenwürde) gestützt.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die Persönlichkeit des Menschen in ihren verschiedenen Ausprägungen. Dabei unterscheidet die Rechtsprechung verschiedene Sphären der Persönlichkeit, deren Schutz unterschiedlich stark ausgeprägt ist:
-Intimsphäre (Innere Gedanken- und Gefühlswelt, Sexualbereich). Eingriffe in diese Sphäre sind stets unzulässig.
Greift eine Maßnahme in die Intimsphäre ein, wird ein letztlich unantastbarer Bereich privater Lebensgestaltung betroffen. Die Intimsphäre ist dem staatlichen Zugriff verschlossen. Eine Abwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsprinzips findet nicht statt. Der Gesetzesvorbehalt aus Art. 2 Abs. 2 GG gilt wegen der engen Verknüpfung mit Art. 1 Abs. 1 GG nicht."

Niemand wird behaupten können, dass der Penis und damit auch die Vorhaut eines Mannes/Jungen nicht zum Sexualbereich gehört, oder?

Ein Gesetz, das es erlauben würde in den Sexualbereich eines Menschen einzugreifen ist durch das APG in Verbindung mit Artikel 1.1 des GG eindeutig verboten und nicht verhandelbar. Haben Sie das bisher übersehen?

Mit freundlcihen Grüßen

Andrea Schneider

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Schneider,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Auf Ihre Fragen gehe ich im Folgenden gern ein.

1. Warum ist es überhaupt wichtig, ob die Beschneidung nun harmlos ist oder nicht? Ich darf doch auch keinem Kind die Ohrläppchen abschneiden und dass wäre noch viel harmloser.

Antwort: Die Frage, vor der wir Abgeordnete stehen, ist nicht, ob die Beschneidung harmlos ist oder nicht. Die Frage ist vielmehr, ob eine Beschneidung dem Kindeswohl schadet oder nicht. Die Mehrheit des Bundestags - über alle Fraktionen hinweg - sieht in der Beschneidung von Jungen keine Beschränkung des Kindeswohls. Da die Beschneidung das Kindeswohl nicht beeinträchtigt, hat der Staat kein Recht, in die Erziehung von Kindern durch ihre Eltern einzugreifen.

2. Ein Gesetz, das es erlauben würde in den Sexualbereich eines Menschen einzugreifen ist durch das APG in Verbindung mit Artikel 1.1 des GG eindeutig verboten und nicht verhandelbar. Haben Sie das bisher übersehen?

Antwort: Beschneidungen von Jungen können in der Tat gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht verstoßen. Dies ist der Fall, wenn ein Junge gegen seinen geäußerten Willen beschnitten wird oder wenn einer der Erziehungsberechtigten keine Zustimmung zur Beschneidung gibt. Das war bereits früher der Fall und wird auch mit dem Gesetz zur Beschneidung von Knaben so bleiben. Mit dem neuen Gesetz stellen wir zudem sicher, dass Beschneidungen nach den Regeln der Kunst (lege artis) erfolgen müssen.
Auch wenn die Intimsphäre des Kindes geschützt wird, heißt dies nicht, dass diese zur Tabuzone für Eltern würde. Selbstverständlich sind die Eltern bis zur deren Eigenständigkeit für die Intimpflege ihrer Kinder und auch für deren sexuelle Erziehung verantwortlich. Dies dient gerade der Entfaltung der Persönlichkeit von Kindern.

Vermutlich werden Sie meine Antworten nicht überzeugen. Ich möchte Ihnen aber versichern, dass für alle Mitglieder des Deutschen Bundestags dem Kindeswohl höchsten Wert beimessen - ganz gleich ob sie für die Möglichkeit der Knabenbeschneidung oder gegen sie votieren werden.

Mit freundlichen Grüßen,
Serkan Tören