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Sebastian Watermeier
SPD
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Frage von Martin N. •

Warum drängt die SPD Fraktion in Anbetracht des weiterhin eklatanten Mangels an bezahlbarem Wohnraum nicht auf die Wiedereinführung einer Fehlbelegungsabgabe, wie Sie bspw. die CDU in Hessen umsetzt?

Sehr geehrter Herr Watermeier,

ich stelle diese Frage vor dem Hintergrund, dass ich alleine in Münster auch in meinem Bekanntenkreis eine ganze Reihe von sehr gut verdienenden Akademikern kenne, die während ihrer Studienzeit einen WBS für eine drei Zimmer Wohnung erhalten haben (2 Erwachsene, 1 Kind) und nunmehr doppelt verdienen, ein Ferienhaus auf den Kanaren besitzen und 3x im Jahr in Urlaub fahren, da sie nach eigenem Bekunden keine 10% ihres verfügbaren Einkommens für die Mietwohnung in Münster zahlen. Soziale Gerechtigkeit stelle ich mir anders vor!

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr N.,

 

herzlichen Dank für Ihre Nachricht und Ihre Frage zur Position der SPD zur sogenannten Fehlbelegungsabgabe.

 

Ihre Schilderung macht sehr deutlich, warum die Frage der sozialen Gerechtigkeit im Wohnungswesen immer wieder Anlass zu kontroversen Diskussionen gibt.

 

Die Fehlbelegungsabgabe wurde in Nordrhein-Westfalen, nachdem im Zuge der Föderalismusreform 2006 die Verantwortung für den geförderten Wohnungsbau ausschließlich auf die Länder übertragen wurde, noch im gleichen Jahr von der damaligen CDU/FDP- Regierung abgeschafft. 

 

Seitdem wird auch innerhalb der SPD lebhaft diskutiert, ob eine Wiedereinführung wie in Hessen, auch für Nordrhein-Westfalen eine sinnvolle Maßnahme zur Bekämpfung der Krise auf dem Wohnungsmarkt ist. Hessen ist zur Zeit übrigens das einzige Bundesland, das eine Fehlbelegungsabgabe erhebt. 

 

Vorab sei gesagt, dass sich die SPD mit Nachdruck für bezahlbaren Wohnraum und eine gerechte Wohnraumverteilung einsetzt und dies auch zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit im Landtag gemacht hat.

 

Die Wiedereinführung einer Fehlbelegungsabgabe halten wir dennoch nicht für den richtigen Weg, um dem eklatanten Mangel an Sozialwohnungen zu begegnen. Lassen Sie mich Ihnen darlegen, warum:

 

1) Keine Schaffung neuer Wohnungen

Die Fehlbelegungsabgabe führt nicht dazu, dass neue mietpreisgebundene Wohnungen entstehen. Der eigentliche Kern des Problems – der massive Mangel an gefördertem Wohnraum – bleibt damit ungelöst. Unser Ansatz ist es daher, den sozialen Wohnungsbau gezielt zu stärken, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

 

2) Hoher bürokratischer Aufwand und problematische Anreize

Eine Fehlbelegungsabgabe erfordert regelmäßige Einkommensprüfungen und bringt erhebliche Verwaltungsaufwände mit sich. Gleichzeitig birgt sie die Gefahr, dass Mieter ihr Einkommen künstlich niedrig halten oder notwendige Karriereschritte scheuen, um zusätzliche Kosten zu vermeiden.

 

3) Erhalt sozial gemischter Quartiere

Soziale Durchmischung ist eine zentrale Voraussetzung für lebenswerte Stadtteile. Würden Menschen mit steigendem Einkommen aus Sozialwohnungen gedrängt oder finanziell stark belastet, bestünde die Gefahr der sozialen Segregation und der Entstehung soziökonomisch homogener Wohnviertel, was durchaus zur Verschärfung von Problemlagen beitragen kann.

 

4) Gerechtigkeitsaspekte

Selbstverständlich ist das Argument nachvollziehbar, dass Menschen mit hohem Einkommen nicht dauerhaft in Sozialwohnungen leben sollten. Gleichzeitig haben viele Mieter über Jahre hinweg in ihr Wohnumfeld investiert und tragen aktiv zur Stabilität ihrer Nachbarschaft bei. Anstatt sie finanziell zu belasten, muss unser Ziel sein, mehr bezahlbaren Wohnraum für jene zu schaffen, die ihn dringend benötigen.

 

Aus diesen Gründen setzen wir nicht auf eine Fehlbelegungsabgabe, sondern auf eine umfassende Wohnraumoffensive, die den Neubau fördert, bestehende Wohnungen besser nutzt und Fehlentwicklungen – wie die von Ihnen geschilderte – durch kluge vertragliche Lösungen vermeidet.

 

Ich danke Ihnen für Ihre Anregung und stehe Ihnen gerne für weitere Fragen zur Verfügung.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Sebastian Watermeier

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