Frage an Sebastian Sommerer von Wolfi S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Sommerer,
ich lese, dass Sie eine Ausbildung als "gepr.Bankfachwirt (IHK)" haben. Steht das nicht im Widerspruch zu Ihrer politischen Überzeugung und Ihrer gleichzeitigen Mitgliedschaft in der trotzkistischen SAV?
Hallo Herr S.,
vielen Dank für Ihre Frage, diese wird mir tatsächlich sehr häufig gestellt. Die Antwort ist jedoch nicht so leicht darzustellen, da es sich hier um einen Zeitraum von über acht Jahren handelt und ich mich mit jetzt 25 Jahren, gegenüber mit damals 17 Jahren, natürlich persönlich weiterentwickelt habe.
Ich habe 2010 meine Ausbildung als Bankkaufmann vor allem begonnen, um „die Wirtschaft zu verstehen“. Alternativ hätte ich auch andere Angebote über Ausbildungsplätze gehabt, bspw. als Beamter, aber mich hat die Arbeit in einer Bank doch mehr interessiert. Außerdem war durch die damals andauernde Finanzkrise dieser Beruf nicht gerade gut angesehen, so dass mir auch von Vielen hiervon abgeraten wurde – ich war jedoch sehr idealistisch und wollte es besser machen, als all diese „geizigen Banker“. – Hier wurde mir jedoch recht schnell klar, dass es nicht am angeblichen Geiz der Menschen liegt, sondern daran, dass man durch das System dazu gezwungen ist, derart zu handeln. [Deshalb versuche ich durch mein politisches Ehrenamt immer wieder klar zu machen, dass es eine Utopie ist, den Kapitalismus sozial auszugestalten – denn die sogenannte „soziale Marktwirtschaft“ war in erster Linie ein Produkt der damaligen Verhältnisse (Systemkonkurrenz zwischen Ost und West, Erfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg bzw. des deutschen Faschismus’), welche so eine Einmaligkeit in der Geschichte des Kapitalismus waren. Das System lässt ja seit Ende der 80er immer weiter die soziale Maske fallen und es wird versucht durch Einschnitte in die Demokratie – wie das novellierte PAG in Bayern – Grundsteine zu legen, um eventuell kommende soziale Proteste zu unterbinden.]
So bin ich über mein Interesse an der Philosophie und klassischer Literatur – damals vor allem Kant, Thomas Mann, Goethe oder auch Dostojewski – auf Marx und auch Rosa Luxemburg gestoßen und habe mich so immer mehr mit den sozialistischen Klassikern beschäftigt. Dadurch sehe ich nun einiges, was mir durch eine eher konservative Erziehung durch Familie, Schule und auch Kirche beigebracht wurde in einem anderen Licht und habe mich so persönlich weiterentwickelt. Während dieses Prozesses bin ich auch auf Trotzki gestoßen und empfand seine Kritik an den stalinistischen System für sehr treffend, weshalb ich wiederum auf die SAV aufmerksam und nach längerer Zeit bzw. vor rund einem Jahr dort Mitglied wurde.
Insgesamt war ich fünf Jahre bei einer mittelständischen Genossenschaftsbank angestellt. Den Fachwirt habe ich nebenberuflich nach meiner Ausbildung absolviert. Einerseits wegen einer Vertiefung von vorhandenem Wissen und andererseits, da dieser mir die Möglichkeit eröffnet hat, an einer Universität ohne Abitur zu studieren. – Diesen Schritt habe ich anschließend auch gemacht.
Ich hoffe, ich konnte diesen „Widerspruch“, welcher eher meine persönliche Weiterentwicklung darstellt, aufklären. Bei weiteren Fragen schreiben Sie mir doch gerne!
Solidarische Grüße
Sebastian Sommerer