Frage an Sebastian Edathy von Georg G. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Edathy,
vielen Dank für die rasche Beantwortung meiner Frage über die Einrichtung einer Polizeikomission.
Erlauben Sie mir zu diesem Thema noch eine Nachfrage:
Der Europarat, die Menschenrechtskomission der UN und Amnesty International empfehlen Deutschland die Einrichtung einer Polizeikomission. Der Grund dafür ist - kurz gesagt - dass diese zu einer erhelblich zuverlässigeren und effektiveren Aufklärung von Strafvorwürfen gegen Polizeiangehörige führt (sei es ein Freispruch, sei es ein Schuldspruch). Dies wird aus Ländern (beisp. Schwden) wo eine solche Komission eingeführt wurde mehr als deutlich.
Halten Sie die Argumente dieser Institiutionen für falsch (und wenn ja, warum)?
Lassen Sie mich zu Ihrer Antwort auf meine erste Frage kurz anmerken: Natürlich urteilen unabhängige Gerichte in Deutschland auch in Fällen von Verfahren gegen Polizeiangehörige. Jedoch führen in Deutschland Gerichte keine Ermittlungen durch.
Dies machen Polizei und Staatsanwaltschaft. Das ist doch der springende Punkt, dass Polizei die Beweissicherung gegen ihre eigenen Angehörigen durchführen muss. Dies führt zu Problemen und deshalb auch u.U. zu unzureichenden Ermittlungen.
Betroffene können ja nicht seber ermitteln und Beweise für ein Strafverfahren erbringen.
Übrigens kann ein solches Ermittlungsverfahren auch für die ermittelnden Polizisten zu unangenehmen Situationen führen (sie müssen Ihrer Pflicht ja gegen Ihre eigenen Kollegen nachgehen). Insofern überracht es (mich) nicht, dass die Einrichtung einer von der Polizei unabhängigen Komission auch von Teilen der Gewerkschaft der Polizei befürwortet wird.
Berlin, 21. April 2009
Sehr geehrter Herr Goetz,
vielen Dank für Ihre Nachfrage vom 16. April 2009.
Ich halte die Argumente der Befürworter einer unabhängigen Polizeikommission nicht für falsch. Es gibt durchaus gute Gründe, die für die Einrichtung einer solchen Institution sprechen. Auch die positive Erfahrung in einigen anderen Ländern zeigt dies. Wie ich Ihnen aber bereits in meiner vorherigen Antwort vom 16. April 2008 mitgeteilt habe, kann ich für die Bundesrepublik eine wirkliche Erforderlichkeit für eine solche Untersuchungskommission nicht erkennen. Grund dafür ist, dass bei Strafverfahren gegen Polizisten die Ermittlungen in der Regel ohnehin nicht von den unmittelbaren Kollegen der Tatverdächtigen durchgeführt werden, sondern von organisatorisch getrennten Polizeieinheiten. Diese sind zumeist nicht den Polizeipräsidien, sondern den Innenministerien unterstellt. Durch diese organisatorische und räumliche Trennung verringern sich die von Ihnen beschriebenen Interessenskollisionen.
Schließlich ist zu beachten, dass nach der gesetzlichen Regelung des § 161 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) bzw. § 152 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) die Staatsanwaltschaft „Herrin des Vorverfahrens“ ist und daher die Ermittlungen leitet sowie nach dem so genannten Legalitätsprinzip entscheidet, ob sie Anklage erhebt. Die Polizei ist demgegenüber lediglich ausführendes Organ. Zwar steht in der Praxis oftmals die polizeiliche Arbeit im Vordergrund, die Entscheidung über die Art der Ermittlung obliegt jedoch der Staatsanwaltschaft. Aufgrund ihrer organisatorischen Unabhängigkeit gegenüber der Polizei ist m.E. auch insoweit eine objektive Ermittlung gegen tatverdächtige Polizisten gewährleistet.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB