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Frage von Theo S. •

Frage an Sebastian Edathy von Theo S. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Edathy,

vielen Dank für Ihre schnelle Beantwortung meiner Frage. Sie haben Recht, dass unser Grundgesetz den privaten Wohnraum schützen muss. Allerdings gibt es kein Grundrecht auf Waffenbesitz. Deshalb fällt es mir als juristischer Laie schwer zu akzeptieren, dass der Staat Vorschriften zur Lagerung von Waffen erläßt, aber nicht die Möglichkeit hat die Einhaltung dieser Vorschriften zu kontrollieren, gerade bei solchen sensiblen Gegenständen. Die Lebenserfahrung zeigt, dass ein Verzicht von Kontrolle schnell leichtsinniges Handeln zur Folge hat. Allerdings wird es nie 100-prozentige Sicherheit geben. Gott sei Dank gehen die meisten Waffenbesitzer sehr sorgfältig mit ihren Waffen um. Auch das möchte ich klarstellen. Gerade deshalb sollten sie daran interessiert sein, Fehler in den eigenen Reihen zu unterbinden. Daher eine Nachfrage: Glauben Sie, Herr Edathy, dass der Staat auf weitergehende Kontrollen verzichten sollte? Sind die Amokläufe von Winnenden, Emsdetten und Erfurt nicht Anlaß, wenigstens zu prüfen inwieweit Kontrollen ausgedehnt werden können? Wäre es sinnvoll bei einer Waffenerlaubnis die Beweislast umzukehren, dass der Waffenbesitzer die ordnungsgemäße Lagerung nachweisen muss, und dies durch eine Einwilligung zur unangemeldeten Überprüfung tun könnte? Ich meine, die Toten verpflichten uns, nicht so weiterzumachen wie bisher. Kriminelle Energie können wir nicht verhindern, aber diese Amokläufe sind nicht das Ergebnis von kriminellen, sondern von kranken Menschen. Wir müssen Wege finden, das Risiko solcher Handlungen zu minimieren, da sollte es keine Denkverbote geben. Hier sind gute Ideen gefragt. In der Diskussion habe ich manchmal den Eindruck, es wird reflexhaft nacht Verschärfung des Rechtes gerufen und genauso reflexhaft wird dies abgelehnt.

Mit freundlichen Grüßen
Theo Staars

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Staars,
ich bedanke mich für Ihre Nachfragen vom 28. März 2009.

Ich hatte heute ein Gespräch mit einem in meinem Wahlkreis wohnhaften Psychologen über Konsequenzen aus dem Amoklauf von Winnenden. Wir waren uns sehr einig darin, dass die derzeitige öffentliche Diskussion eher entlang technischer Fragestellungen geführt wird, als dass sie bei den Ursachen des Problems ansetzt.

Wie können wir Kinder und Jugendliche stark machen? Wie können wir frühzeitig aufmerksam werden auf Heranwachsende, die Hilfe brauchen? Diese Fragen, vermutlich sind sie vielen Medien nicht anschaulich oder "griffig" genug, spielen derzeit kaum eine Rolle in der Debatte. Ich halte das für falsch.

Soweit Sie das Waffenrecht ansprechen, erlauben Sie mir folgende Hinweise:

Ich halte in diesem Kontext allenfalls zwei Maßnahmen für sinnvoll:

1) Man könnte das Gesetz insofern ergänzen, dass die im §36 geregelten Aufbewahrungspflichten dahingehend ergänzt werden, dass in jedem Fall vorab der Nachweis zu erbringen ist, dass ein entsprechend gesicherter Schrank auch tatsächlich vorhanden ist (z.B. durch Vorlage einer Quittung über den Erwerb eines solchen Waffen-Behältnisses). Ich gebe freilich zu bedenken, dass im konkreten Fall ein solcher Nachweis vom Vater des Täters wohl hätte erbracht werden können. Wenn dann gleichwohl eine Waffe nicht verschlossen im vorhandenen Schrank gelagert wird, läuft auch eine solche Regelung ins Leere, wiewohl sie sinnvoll sein kann.

2) Die Länder, in deren Umsetzungs-Zuständigkeit das Waffenrecht liegt, könnten anweisen, dass regelmäßige Stichproben bezüglich der gesetzmäßigen Aufbewahrung erfolgen. Offenkundig gibt es bezüglich der Kontroll-Häufigkeit deutliche Unterschiede in den Bundesländern. Hier gebe ich aber zu bedenken, dass selbst eine häufigere Kontrolle realistischerweise weiterhin lediglich Stichproben-Charakter haben kann.

Von Ihrer Idee, dass ein Legalwaffen-Besitzer eine Erklärung unterschreiben sollte, dass er unangemeldeten Kontrollen in seiner Wohnung zustimmt, halte ich nichts. Man kann auf Grundrechte nicht per Deklaration verzichten. Dies würde nicht nur dem Grundgesetz zuwiderlaufen, es würde auch einem potenziellen Missbrauch Tür und Tor öffnen. Sollten dann zum Beispiel künftig Beamte einer Einschränkung ihres Fernmeldegeheimnisses zustimmen müssen (sie könnten ja Kontakt zu Extremisten haben)? Ich glaube, wir kämen auf diesem Weg schnell auf eine abschüssige Bahn, was den in unserer Verfassung verbrieften Grundrechts-Schutz betrifft.

Lassen Sie mich Ihnen abschließend für Ihre sehr sachlichen Fragen danken. Ich erlebe in den letzten Wochen, dass dies nicht selbstverständlich ist. Gerade der Gesetzgeber sollte aber - auch, wenn nicht besonders in Zeiten hitziger Diskussionen - Augenmaß beweisen. Ihre Zuschriften habe ich diesbezüglich als hilfreich empfunden.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB