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Sebastian Edathy
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Frage von Theo S. •

Frage an Sebastian Edathy von Theo S. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Edathy,

nach dem Amoklauf von Winnenden haben Sie eine Verschärfung des Waffenrechts abgelehnt. Insoweit stimme ich zu, als in diesem Fall gegen bereits geltendes Recht verstoßen wurde. Wäre es daher nicht sinnvoller unangemeldete Kontrollen durchzuführen? Dies wurde mehrfach abgelehnt mit dem Hinweis man würde alle Waffenbesitzer einem Generalverdacht aussetzen. Als Landwirt muss ich es allerdings hinnehmen, dass kontrolliert wird ob meine Kühe auch wirklich wie vorgeschrieben zwei Ohrmarken haben. Wieviele Kontrolleure der GEZ gehen in die Privatwohnungen um zu überprüfen ob alles ordnungsgemäß angemeldet ist? Ich glaube hier ist die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gegeben. Wenn ich eine Waffe besitze, dürfte es doch kein Problem sein bei einer stichprobenartige Kontrolle den Waffenschrank zu zeigen. Der Kontrolleur könnte in einer Viertelstunde schon wieder gehen. Halten Sie diesen Aufwand nicht für gerechtfertigt?

Mit freundlichen Grüßen
Theo Staars

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Antwort von
SPD

Berlin, 24. März 2009

Sehr geehrter Herr Staars,
vielen Dank für Ihre Frage vom 23. März 2009 bezüglich der derzeit im öffentlichen Raum diskutierten Vorschläge zur Änderung des Waffenrechts vor dem Hintergrund des Amoklaufes im baden-württembergischen Winnenden.

Das deutsche Waffenrecht ist in den vergangenen Jahren, insbesondere als Reaktion auf den Amoklauf in Erfurt im Jahre 2002, wiederholt verschärft worden und gehört zu den strengsten in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Es ist darauf angelegt, ein Höchstmaß an Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land zu garantieren, die Präsenz von (Anscheins-)Waffen in unserer Gesellschaft zu minimieren, die Erlangung von Waffenbesitzkarten an hohe Voraussetzungen zu knüpfen und Waffenhaltern strikte Bestimmungen für die sachgerechte und sichere Lagerung ihrer Waffen aufzuerlegen. Im Zusammenhang mit dem Amok-Lauf des 17-jährigen Tim Kretschmer ist hervorzuheben, dass in der Tat ein Verstoß gegen rechtliche Bestimmungen der verschlossenen Aufbewahrung von Waffen und Munition (letztere müssen zudem in der Regel getrennt aufbewahrt werden) durch den Vater vorlag und wir es nicht mit einer Rechtslücke zu tun haben.

Unangekündigte Überprüfungen der Wohnräume von Waffenhaltern, wie sie jüngst vorgeschlagen wurden, stehen nicht mit Artikel 13 des Grundgesetzes (Unverletzlichkeit der Wohnung) in Einklang. Etwas anderes sind Überprüfungen z.B. von Waffenhändlern in ihren Geschäftsräumen oder von Schützenvereinen in ihren Vereinsheimen. Das Grundgesetz legt fest, dass nur "dringende Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" zur Betretung von Wohnräumen gegen den Willen des Bewohners berechtigen. Diese Formulierung des Grundgesetzes findet sich entsprechend wortgleich im Waffenrecht. D.h. es müssen begründete Zweifel an der sicheren Verwahrung einer Waffe bestehen. Anlass- und grundlose Kontrollen stehen in einem Widerspruch zum Grundgesetz. Unsere Verfassung nun deshalb zu ändern, hielte ich für unverhältnismäßig. Wir sollten mit dem Grundgesetz behutsam umgehen.

Eben wegen dieser Verfassungslage (prinzipielle Unverletzlichkeit der Wohnung) dürfen auch sogenannte "Rundfunkgebührenbeauftragte“ der GEZ übrigens nicht gegen den Willen des Bewohners in dessen Privaträume eindringen. Die unangemeldete Kontrolle der Ohrmarken von Kühen wäre zudem ebenfalls gegen den Willen eines Bewohners in Wohnräumen unzulässig. Ein Stall ist hingegen von Artikel 13 des Grundgesetzes nicht geschützt.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB