Frage an Sebastian Edathy von Werner S. bezüglich Jugend
Sehr geehrter Herr Edathy,
Kurt Beck sieht nichts was die Politik nach der Katastrophe von Winnenden ändern könnte...
ich sehe was die Politik in der Vergangenheit versäumt hat und jetzt umgehend ändern sollte!
Das sind keine neuen Verbote von Videospielen und auch keine weitere Verschärfung des Waffenrechts - obwohl ich mich schon Frage ob jemand 15 Schusswaffen zu Hause haben muss - aber meines Erachtens sind das alles nur Nebenkriegsschauplätze.
Die Politik hat in den letzten 20 oder sogar 30 Jahren die Jugendarbeit, die Schulen, ja die gesamte Bildungspolitik sträflich vernachlässigt. Wo sind denn die Jugendzentren oder die Ganztagsschulen die "interessante" Angebote für die Jugend machen können? Immer öfter sind es doch nur noch die rechtsradikalen Parteien die überhaupt noch Angebote für die Jugend machen - und dann wundern sich alle wenn die dann angenommen werden -
Ich war letztens zum Elternsprechtag in der Schule meiner Kinder, ein Gymnasium, Europaschule, Ganztagsschule - zumindest auf dem Papier... der Zustand der Klassenräume bzw. einiger Gebäude hat mich doch sehr nachdenklich gemacht. Die sind sicher vor 20 oder 30 Jahren zum letzten mal renoviert worden. Jedoch will ich solche "Ausserlichkeiten" gar nicht überbewerten, wahrscheinlich sind sie den meisten Schülern und Schülerinnen sowieso egal. Dennoch ist es für mich ein weiteres "Signal" dafür welche Priorität die Schule für die Politik hat. Die Schule ist jedenfalls kein "Ort" an dem man sich gerne aufhält, schon gar nicht in seiner Freizeit. Und das liegt nicht nur an diesen "Ausserlichkeiten", sondern in erster Linie daran das es die Schulen i.d.R. nicht schaffen "interessante" Freizeitangebote für die Kinder zu machen. Da beschränkt sich die Aufgabe der überlasteten Pädagogen (chronischer Personalmangel,Überstunden, zu grosse Klassen) i.d.R. auf die reine Wissensvermittlung - "Bildung" bleibt dabei auf der Strecke...
Herr Edathy, könnte die Politik da nicht vielleicht doch etwas mehr tun?
W. Siewert
Berlin, 25. März 2009
Sehr geehrter Herr Siewert,
vielen Dank für Ihre Frage vom 22. März 2009.
Sie zeigen in Ihrer Zuschrift Missstände auf, deren Beseitigung auch meines Erachtens einen wichtigen Beitrag dazu leisten könnte, die Lern- und sozialen Rahmenbedingungen in den Bildungsstätten in Deutschland zu verbessern. Ich stimme Ihrer Einschätzung zu, dass ein angemessenes und förderndes Schulumfeld helfen kann, Fehlentwicklungen entgegenzuwirken, die im schlimmsten Fall Ereignisse wie den Amok-Lauf in Winnenden begünstigen. Deswegen war und ist es ein wichtiges Ziel der SPD-Bundestagsfraktion, durch den flächendeckenden Ausbau von Ganztagsschulen mit mehr gezielter Förderung und erweiterter Lernzeit eine veränderte Lernkultur in den Schulen zu entwickeln.
Die SPD-geführte Bundesregierung hat im Rahmen ihrer gesetzlichen Möglichkeiten im Jahr 2003 unter dem Titel „Investitionsprogramm Zukunft und Bildung“ ein Förderprogramm eingeführt, aus dem seither rund 4 Mrd. Euro zum Ganztagsschul-Ausbau abgerufen werden konnten. Seither sind 12.132 Maßnahmen an bundesweit fast 6.400 Schulen durchgeführt worden.
Es ist jedoch so, dass die eigentliche Schulpolitik (zum Beispiel die Frage der Klassengrößen) nicht in den Verantwortungsbereich des Bundes fällt, sondern vielmehr dezentral von den einzelnen Bundesländern geregelt wird. Deshalb wäre sicherlich gut, wenn Sie Ihre Anregung auch an die zuständigen Landespolitiker weiterleiten könnten.
Sehr gut finde ich, dass Sie den Finger in die Wunde legen: Es geht letztlich um die Frage, wie man Kinder und Jugendlich so stärkt, dass sie nicht abdriften. Stattdessen konzentriert sich die öffentliche Debatte derzeit eher auf "Nebenkriegsschauplätze", wie Sie zutreffend schreiben.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB