Frage an Sebastian Edathy von Stefan P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Frage zu Sozialismen
Sehr geehrter Herr Edathy, in Ihrer Antwort an Herrn Schwarzer schreiben Sie in begrüßenswerter Deutlichkeit:
»Ich halte es für einen unerträglichen Zustand, dass es einer Partei, die sich ausdrücklich am historischen Nationalsozialismus orientiert, in Deutschland möglich ist, an Wahlen teilzunehmen und Steuergelder zu erhalten.«
Wie ist das nun eigentlich mit einer Partei, die sich ausdrücklich an dem anderen historischen Sozialismus orientiert? Es ist ja mittlerweile unter Historikern und interessierten Laien bekannt, daß der »gewöhnliche« Sozialismus dem nationalen Sozialismus an praktizierter Menschenverachtung — abzulesen an den Opferzahlen (international gemessen) — in nichts nachsteht, ja diesen wohl gar übertroffen hat. Nun haben wir ja im deutschen Parteienspektrum eine Partei, die trotz einiger Umbenennungen, Fusionen und anderer Täuschungsmaneuver in personeller, finanzieller, ideologischer und überhaupt historisch nachvollziehbarer Sukzession viel deutlicher auf die stalinistische SED zurückgeht als die NPD auf die NSDAP. Obendrein ist diese Partei deutlich präsenter (auch parlamentarisch) und potenter (finanziell und personell) als die NPD und somit für die Demokratie wahrscheinlich auch gefährlicher.
Treten Sie mit gleicher Vehemenz auch für ein Verbot dieser anderen sozialistischen Partei ein? Mich wundert, daß ich bisher nichts von diesbezüglichen Aktivitäten Ihrerseits gehört habe. Oder sind Sie der Meinung, daß es einen guten und einen schlechten Sozialismus gibt? Wie sehen Sie die unverhohlenen Annäherungsversuche einiger Ihrer Genossen in der SPD an diese andere sozialistische Partei?
Aus Ihrer obencitierten Stellungnahme schließe ich, daß sie eine Koalition der SPD mit der NPD derzeit nicht für richtig halten. Ist diese Aussage verläßlicher als beispielsweise die eigentlich ursprünglich ebenso deutlichen Aussagen von der (nunmehr vom Leben überholten) Frau Ypsilanti zur Zusammenarbeit mit den nichtnationalen Sozialisten?
Berlin, 27. Januar 2009
Sehr geehrter Herr Pohl,
Ihre Fragen vom 20. Januar 2009 habe ich gelesen.
Bei der NPD handelt es sich um eine offen neonazistische und antisemitische Partei, die nicht nur mit gewaltbereiten und verurteilten Neonazis zusammenarbeitet, sondern mit diesen auch ihre höchsten Parteiämter besetzt. Trotz aller problematischer Tendenzen, die innerhalb der Linkspartei existieren, halte ich beide Parteien für nicht vergleichbar. Insofern kann eine Zusammenarbeit egal welcher Form mit der NPD für Demokraten selbstverständlich nicht in Betracht kommen. Gleichermaßen kann ich einen Verbotsgrund mit Blick auf die Linkspartei, anders als bei der NPD, nicht erkennen.
Ich halte es übrigens für eine Verharmlosung des Nationalisozialismus, wenn sie diesen mit "dem anderen historischen Sozialismus" vergleichen. Der Nationalsozialismus war kein "historischer Sozialismus", sondern ein Regime von Massenmördern.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB