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Frage von Astrid K. •

Frage an Sebastian Edathy von Astrid K. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Edathy,

zuerst möchte ich mich für Ihre Antwort auf die Frage von Herrn Kizina bedanken.
Leider haben Sie in Ihrer Antwort vergessen darzulegen, wie die Härterbestrafung rechtsextrem motivierter Gewalttaten gegenüber anders motivierten Gewalttaten mit den Grundgesetz vereinbar ist. Können Sie das bitte nachholen?

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen,
Astrid Kramer

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Antwort von
SPD

Berlin, 2. Januar 2009

Sehr geehrte Frau Kramer,

vielen Dank für Ihre Frage vom 29. Dezember 2008. Sie bitten mich, darzulegen, warum eine von mir geforderte härtere Bestrafung rechtsextrem motivierter Gewalttaten mit dem Grundgesetz in Einklang steht.

In meiner Antwort auf die Fragen von Herrn Hild und Herrn Kizina beziehe ich mich auf einen Gesetzesantrag des Bundesrates vom 13. August 2008, der in seiner Begründung auf diese verfassungsrechtliche Dimension eingeht. Hierbei kommen die Antragsteller zum dem Schluss, dass durch die Abwägung der Rechtsgüter in Artikel 3 des Grundgesetzes mit dem Inhalt von Artikel 1 des Grundgesetzes eine Verschärfung der entsprechenden Vorschriften des StGB in Fällen sog. Hasskriminalität mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Diese Einschätzung entspricht meiner Auffassung.

Die Besonderheit von Hassgewalt liegt darin begründet, dass sie über die Leidenszufügung an den jeweiligen Opfern hinaus geeignet ist, Teile der Bevölkerung zu verunsichern und in Angst zu versetzen. Zudem ist Hassverbrechen ein besonderer Unrechtsgehalt immanent: die Opfer solcher Verbrechen werden als Vertreter einer Gruppe angegriffen, welcher sie tatsächlich oder zugeschriebenerweise angehören. Damit stellen solche Übergriffe auch einen Angriff auf die zentralen Werte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Deutschland an sich dar.

Gemäß § 46 Abs. 2 StGB haben Gerichte bei der Strafzumessung bereits heute die Umstände abzuwägen, die für und gegen den Täter sprechen. Dabei enthält § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB eine Zusammenfassung von Umständen, die namentlich bei der Zumessung zu berücksichtigen sind. Genannt werden hierbei u. a. die Beweggründe und die Tatziele sowie die Gesinnung, die aus der Tat spricht und der bei der Tat aufgewendete Wille.

Der vom Bundesrat beschlossene und nun dem Bundestag zur Beratung zugeleitete Gesetzentwurf zielt darauf ab, dass Straftaten, welche durch die politische Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, „Rasse“, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft, das äußere Erscheinungsbild, eine Behinderung oder die sexuelle Orientierung des Opfers motiviert sind, zukünftig ein eigenständiger und regelmäßig strafverschärfend zu wertender Gehalt beigemessen wird.

Konkret will der Gesetzentwurf in § 47 StGB ausdrücklich klar stellen, dass bei solchen Delikten die Regel umgekehrt wird, wonach Geldstrafe an Stelle kurzer Freiheitsstrafe tritt. Im vorliegenden Entwurf in § 56 Abs. 3 StGB soll weiter verankert werden, dass bei einer verhängten Freiheitsstrafe von über sechs Monaten die Aussetzung der Vollstreckung in der Regel nicht erfolgt. Da diese von Menschenverachtung, Fremdenfeindlichkeit und (weiteren) Vorurteilen getragenen Taten – anders als dies üblicherweise bei sonstigen Straftaten der Fall ist – auf Zustimmung und Nachahmung angelegt sind, soll den Tätern und potentiellen Nachahmern mit den Mitteln der Verhängung kurzer Freiheitsstrafen (§ 47 StGB) und der regelmäßigen Vollstreckung von Freiheitsstrafen über sechs Monaten das Risiko ihres Agierens verdeutlicht werden und damit eine generalpräventive Wirkung entfaltet werden.

Die Logik der angestrebten Gesetzesänderungen ist dem deutschen Strafgesetzbuch nicht fremd. Beim Straftatbestand des Mordes (§ 211 StGB) wird bereits heute auf die Motive der Straftat (sog. niedere Beweggründe) abgestellt. Zudem finden Regelungen für sog. Hassverbrechen („Hatecrime“) in anderen demokratischen Rechtsstaaten – wie Großbritannien oder den USA – seit vielen Jahren Anwendung.

Nach dem Willen des Bundesrates soll jede Art der Hassgewalt energisch bekämpft werden. Dies gilt nicht nur für rechtsextremistisch motivierte Straftaten.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB