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Frage von Christian K. •

Frage an Sebastian Edathy von Christian K. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Edathy,

sie sind seit 1998 Mitglied des Deutschen Bundestages. Von daher gehe ich davon aus, daß sie mit dem Grundgesetz vertraut sind.

Gestern forderten sie, angesichts des schrecklichen Attentats auf einen Passauer Polizeibeamten:

„Bei Körperverletzungen mit rechtsextremer Motivation darf es grundsätzlich keine Bewährungsstrafen mehr geben.”

Diese Forderung bedeutet, daß rechtsextreme Straftaten anders bestraft werden sollten als linksextreme.

Im Grundgesetz steht aber:

Art 3
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.

Insofern frage ich mich, wie ich ihre Forderung verstehen darf speziell vor dem Hintergrund, daß sich, lt. Verfassungsschutzbericht linksextreme Straftate häufen, rechtsextreme Straftaten aber rückläufig sind.

Mit freundlichem Gruß,

Christian Kizina

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kizina,

Ihre Eingabe vom 16. Dezember 2008 habe ich gelesen.

Vorab folgende Anmerkung: Rechtsextremistisch motivierte Straftaten sind leider keineswegs rückläufig. Von den etwa 31.000 deutschen Rechtsextremisten sind nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes 10.000 gewaltbereit. Im Jahr 2007 wurden in Deutschland insgesamt 17.176 Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund erfasst, davon 980 Gewalttaten. Dies sind zwar gegenüber dem Jahr 2006 insgesamt 241 Straftaten weniger, nach vorläufigen Zahlen des Bundeskriminalamtes (BKA) ist aber die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten zwischen Januar und September dieses Jahres gegenüber 2007 indes um fast neun Prozent gestiegen.

Sie kritisieren die von mir aufgestellte Forderung nach einem Ausschluss von Bewährungsstrafen bei rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten.

Lassen Sie mich zunächst betonen, dass selbstverständlich vor dem Gesetz alle Menschen gleich sind.

Kein Zweifel besteht zudem daran, dass alle Straftaten effektiv geahndet werden müssen.

Dennoch ist es nach meinem Dafürhalten falsch, jede Form der Gewalt, unabhängig von der ihr jeweils zu Grunde liegenden Motivlage, undifferenziert zu bewerten und die besondere Gefahr, die rechtsextremistisch motivierte Gewalt für die Demokratie in unserem Land darstellt, zu relativieren. Ich halte daher den Ausschluss von Bewährungsstrafen bei Körperverletzungen, die mit rechtsextremer Motivation begangen werden, für ein notwendiges Mittel, um dieser Gefahr zu begegnen, denn die Beweggründe der rechtsextremen Täter sind – selbst gegenüber anderen Gewaltstraftaten – als besonders verwerflich anzusehen.

Rechtsextreme und ausländerfeindliche Straftaten, die so genannte Hasskriminalität, sind deshalb besonders gefährlich, weil sie die Basis unseres zwischenmenschlichen Zusammenlebens angreifen: die Universalität der Menschenwürde. Die Täter wählen ihre Opfer meist zufällig aus, ohne dass eine direkte oder persönliche Beziehung besteht. Die Opfer werden stellvertretend für eine den Tätern verhasste Minderheitengruppe allein aufgrund ihrer z.B. Hautfarbe, Nationalität, Religion, Behinderung oder einfach ihres Lebensstils zu Opfern. Besonders dramatisch: Die Betroffenen können nichts daran ändern. Ihre „Merkmale“, weshalb sie Opfer von brutalen Gewaltattacken geworden sind, sind von ihnen nicht beeinflussbar. Sie werden symbolisch für eine gesamte Gruppe erniedrigt. Andere Gewalttaten sind dagegen in der Regel Beziehungsstraftaten.

Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass mein Vorschlag nach Strafverschärfung von „Hate-Crimes“ und nach Nichtaussetzung zur Bewährung in solchen Fällen nicht neu ist: So hatten die Länder Brandenburg und Sachsen-Anhalt bereits im Jahr 2007 eine Gesetzesinitiative im Bundesrat zur entsprechenden Verschärfung des Strafrechts bei „Hasskriminalität“ vorgelegt (Bundesrats-Drucksache 572/07). Der Bundesrat hat diese am 13. August 2008 in leicht abgeänderter Form als Gesetzentwurf beschlossen (Bundestags-Drucksache 16/10123). Ebenfalls hat bereits im Jahr 2002 die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz gegenüber der Bundesrepublik gefordert, rassistische Beweggründe bei allen Straftaten als strafverschärfend zu bewerten. Hinzukommend ist während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 einstimmig ein Rahmenbeschluss ergangen, in dem die Justizminister der EU fordern, rassistische und fremdenfeindliche Beweggründe bei Gewalttaten als strafverschärfend zu berücksichtigen. In Großbritannien, Schweden, Spanien und Italien sind die entsprechenden Rechtsnormen bereits vor geraumer Zeit entsprechend verändert worden.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB