Frage an Sebastian Edathy von Holger W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Edathy,
Wie lösen Sie das Paradox im BKA-Gesetz auf, daß der Kernbereichsschutz bei einer Online-Durchsuchung durch die Verletzung desselben erfolgen soll?
Da ja ein Mitarbeiter des BKA oder ein Richter und womöglich noch der Datenschutzbeauftragte des BKA die erhobenen Daten einer Online-Durchsuchung nach Verletzungen der Privat- oder Intimsphäre durchsuchen soll, findet genau bei dieser Durchsicht gerade jede Verletzung statt, die damit eigentlich verhindert werden soll. Warum sehen Sie darin kein Problem?
Können Sie nachvollziehen, daß ich auch einem Richter nicht meine Intimsphäre offenbaren möchte und daß es mir letztendlich völlig egal ist, wieviele Personen in das Innerste meines Ichs (nichts anderes offenbart der Inhalt eines privaten PCs) eingedrungen sind?
mfg H. Wiechmann
Berlin, 13. November 2008
Sehr geehrter Herr Wiechmann,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema BKA-Gesetz vom 11. November 2008.
Ihre Argumentation macht dann Sinn, wenn man die Online-Durchsuchung grundsätzlich für falsch hält. Das ist aber nicht die Position der Koalitionsfraktionen.
Hält man die Online-Durchsuchung für ein geeignetes Mittel, dann ist der gefundene Kompromiss der Koalitionsfraktionen zur Sicherstellung des Kernbereichsschutzes der richtige Weg. Er orientiert sich an den entsprechenden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Wie ich bereits in meiner Antwort an Herrn Schlosser vom 7. November 2008 erläutert habe, sieht der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zum Gesetzentwurf der Bundesregierung bezüglich eines neuen BKA-Gesetzes hinsichtlich des Kernbereichsschutzes der privaten Lebensführung vor, dass die Prüfung der durch eine Online-Durchsuchung gewonnenen Daten (mit Blick auf die Frage, ob es sich um private oder nicht-private Daten handelt) durch drei Personen zu erfolgen hat: Durch zwei Beamte des BKA, von denen einer die Befähigung zum Richteramt haben muss, sowie durch den unabhängigen und weisungsfreien Datenschutzbeauftragten des BKA. Hat nur eine dieser drei Personen Zweifel, muss der Sachverhalt einem Richter vorgelegt werden.
Weiterhin sieht der Gesetzesentwurf vor, dass Daten, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen, nicht verwertet werden dürfen und unverzüglich zu löschen sind.
Damit kann natürlich nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass für einen kurzen Zeitraum ein Einblick in persönliche Inhalte stattfinden mag. Dies ist aber – wie auch bei anderen (heimlichen) Ermittlungsmethoden – aus Gründen der Effektivität der Gefahrenabwehr nicht gänzlich zu vermeiden. Mit der gefundenen Lösung wird der Grundrechtsschutz auf jeden Fall gewahrt.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB