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Frage von Daniela D. •

Frage an Sebastian Edathy von Daniela D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Edathy,

in einer Antwort auf eine Frage von Herrn Albrecht Klein anworteten Sie wie folgt : (Zitat) " Ihre Behauptung, dass "jeder nach Deutschland kommen kann und nach einigen Jahren einen deutschen Paß erhält", ist schlichtweg falsch. Für den dauerhaften Zuzug nach Deutschland sowie die Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit sind im Aufenthalstgesetz bzw. Staatsangehörigkeit klare Tatbestände definiert. Auf der Seite www.gesetze-im-internet.de können Sie sich über diese im Detail informieren."

Herr Edathy, ich arbeite im Gesundheitswesen. Ich habe oft mit Patienten zu tun , die kaum ein Wort deutsch können, obwohl sie einen deutschen Pass haben. Hauptsächlich sind das türkisch,- und russischstämmige Patienten. Wie erklären Sie sich das Phänomen , wenn doch die Passvergabe an Sprachkenntnisse gebunden ist? Ausländische Großfamilien leben wie selbstverständlich in Deutschland von Harz4. Ist es wirklich so schwer, in Deutschland Aufenthalt zu bekommen? Die Menschen erzählen mir was anderes...

mit freundlichen Grüßen

Daniela Doberstein

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Antwort von
SPD

Rehburg, 28. Oktober 2008

Sehr geehrte Frau Doberstein,
vielen Dank für Ihre Frage vom 22. Oktober 2008.

Ich wundere mich ein wenig darüber, dass Ihnen ausgerechnet Menschen, die vermeintlich keine deutschen Sprachkenntnisse aufweisen, berichten, dass es so einfach sei, sich in Deutschland einbürgern zu lassen bzw. hier einen Aufenthaltstitel zu erlangen. Vermutlich sind Sie ein Fremdsprachentalent.

Meiner Erfahrung nach sieht die Realität anders aus als von Ihnen geschildert. Aus der Praxis ist mir bestens bekannt, wie schwer es zum Teil ist, einen dauerhaften Aufenthaltstitel zu erlangen, der Rechtssicherheit gewährleistet und Freizügigkeit sowie Arbeitstätigkeit erlaubt. Allerdings gebe ich Ihnen Recht, dass Kenntnisse der deutschen Sprache für eine erfolgreiche Integration unerlässlich sind.

Daher hat der Gesetzgeber auch das Erfordernis von ausreichenden Deutschkenntnissen bei einer (Anspruchs-)Einbürgerung aufgestellt. Dies setzt jedoch keine perfekten Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift voraus. Ausreichend ist, wenn mündliche und schriftliche Kenntnisse entsprechend den Anforderungen an die Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch (Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens) nachgewiesen werden. Das halte ich für ausreichend.

Zum Nachweis geeignete Unterlagen sind:
• Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge über die erfolgreiche Teilnahme an einem Sprachkurs im Rahmen eines Integrationskurses nach dem Aufenthaltsgesetz,
• das Zertifikat Deutsch oder ein gleichwertiges oder höherwertiges
Sprachdiplom,
• vier Jahre Besuch einer deutschsprachige Schule mit Erfolg (Versetzung),
• ein deutscher Hauptschul- oder Realschulabschluss bzw. ein Abitur,
• Nachweis über die Versetzung in die zehnte Klasse einer weiterführenden deutschsprachigen Schule (Realschule, Gymnasium oder
Gesamtschule),
• abgeschlossenes Studium an einer deutschsprachigen (Fach-)Hochschule
• abgeschlossene deutschsprachige Berufsausbildung.

Wer keinen dieser Nachweise vorlegen kann, muss nach Aufforderung durch die Einbürgerungsbehörde an einem Sprachtest teilnehmen. Ausnahmen gelten indes für Personen, die aufgrund einer Krankheit oder Behinderung die erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse nicht oder nicht mehr erwerben können. In diesen Fällen kann die Einbürgerungsbehörde ein entsprechendes ärztliches Attest verlangen.

Bei der Ermessenseinbürgerung kann in bestimmten Fällen darüber hinaus ein geringeres Maß an Deutschkenntnissen verlangt werden. So kann z.B. bei älteren Personen, die das sechzigste Lebensjahr vollendet haben, bei den deutschen Sprachkenntnissen ein günstigerer Maßstab angelegt werden, wenn sie seit mindestens zwölf Jahren in Deutschland leben.

Auch die Vergabe eines Aufenthaltstitels setzt in vielen Fällen Kenntnisse der deutschen Sprache voraus. Auch hier gibt es aber Ausnahmen bzw. unter Umständen Erleichterungen. Für Details habe ich bereits in meiner Antwort an Herrn Klein, auf die Sie sich beziehen, auf die Internetseite www.gesetze-im-internet.de verwiesen, auf der Sie sowohl die aktuelle Fassung des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) als auch die des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) einsehen können. Einen Überblick über die verschiedenen Aufenthaltstitel und deren jeweilige Voraussetzungen finden Sie zudem u.a. auf den Internetseiten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (www.bamf.de) sowie des Bundesministeriums des Innern (www.bmi.bund.de). Hinsichtlich der Voraussetzungen für eine Einbürgerung empfehle ich Ihnen zudem die Informationsseiten der Bundesregierung unter www.einbuergerung.de.

Frau Doberstein, leider hat sich die Bundesrepublik über mehrere Jahrzehnte hinweg nicht als Einwanderungsland gesehen und es daher versäumt, ausreichende Integrationsmaßnahmen zu ergreifen. Dazu gehört beispielsweise auch das flächendeckende Angebot von Sprachkursen. Das hat sich unter maßgeblichem Einfluss der SPD-Bundestagsfraktion aber geändert.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB