Portrait von Sebastian Edathy
Sebastian Edathy
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Sebastian Edathy zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Albrecht K. •

Frage an Sebastian Edathy von Albrecht K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Edathy,

der bekannte Soziologe und Ökonom Gunnar Heinsohn schreibt über die Migration in Deutschland:

"Wo andere Länder 55 % (USA), 75 % (UK) oder 99 % (Kanada) Qualifizierte unter ihren Einwanderern haben, gelingt Deutschland mit lediglich 5 % etwas so Originelles wie die Dequalifizierungsspirale, in der jüngere Jahrgänge schlechter ausgebildet sind als ältere, obwohl doch die Anforderungen in Zukunft nur steigen können."
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/gunnar_heinsohn_strategie_gegen_deutschlands_demographischen_und_paedagogis/

Ist es angesichts dieser Tatsachen wirklich angebracht, an der aktuellen Einwanderungspolitik festzuhalten, bei der de facto jeder nach Deutschland kommen kann und nach einigen Jahren einen deutschen Paß erhält, oder sollte man nicht statt dessen ein System wie Kanada einführen, bei dem gezielt die Einwanderer ausgewählt werden, die wirklich benötigt werden, und alle anderen abgewiesen werden?

Mit freundlichen Grüßen
Albrecht Klein

Portrait von Sebastian Edathy
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Klein,
vielen Dank für Ihre Frage vom 13. Oktober 2008. Sie schreiben mir zum Thema Migration und Integration.

Ihre Kritik an der deutschen Zuwanderungspolitik kann ich lediglich insoweit teilen, als dass ich ebenfalls die derzeit geltenden Regelungen zum Zuzug von Hochqualifizierten aufgrund der hohen gesetzlichen Hürden für nicht angemessen halte. Im September 2008 hat die Bundesregierung jedoch einen Gesetzentwurf in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht, welcher die Arbeitsmigration teilweise neu regeln soll. Der Gesetzentwurf verbessert meiner Einschätzung die rechtliche Lage in einigen Belangen, behebt jedoch nicht den grundsätzlichen Handlungsbedarf.

Ich habe mich im übrigen bereits wiederholt für die Regelung der Zuwanderung durch ein Punktesystem ausgesprochen. Bisher ließen sich hierfür jedoch keine Mehrheiten in Bundesrat und Bundestag finden. Im Rahmen der Reform des Zuwanderungsrechtes im Jahr 2004 war ein entsprechende Änderung am Widerstand der – zu jenem Zeitpunkt im Bundesrat die Mehrheit innehabenden – Unionsparteien gescheitert.

Ihre Behauptung, dass „jeder nach Deutschland kommen kann und nach einigen Jahren einen deutschen Paß erhält“, ist schlichtweg falsch. Für den dauerhaften Zuzug nach Deutschland sowie die Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit sind im Aufenthalstgesetz bzw. Staatsangehörigkeit klare Tatbestände definiert. Auf der Seite www.gesetze-im-internet.de können Sie sich über diese im Detail informieren.

Ebenso wie der von Ihnen verlinkte Artikel auf der Internseite www.achgut.de scheinen Sie die Migrationsgeschichte und -politik der Bundesrepublik im 20. Jahrhundert zu verkennen. Kernproblem war nicht die Anwerbung von zahlreichen Gastarbeitern aus dem mediterranen Ländern, sondern vielmehr die Weigerung, den damals zugewanderten Menschen die Möglichkeit zur vollen gesellschaflichen Integration zu geben als klar wurde, dass viele von ihnen dauerhaft in der Bundesrepublik leben würden. Diese Realitätsverweigerung hat dazu beigetragen, dass die Zugewanderten, die zu großen Teilen aus bildungsfernen Gesellschaftsschichten stammten, vom sozialen Aufstieg ausgeschlossen wurden und ihre Nachkommen somit auch selten höhere Bildungsabschlüsse erreichten. Hier gilt es anzusetzen - durch eine gezielte Förderung im Bildungsbereich.

Wie der im August veröffentlichte Integrationsbericht des Landes Nordrhein-Wesfalen verdeutlicht, korrelieren Integrations- und Bildungserfolg bei Migranten eindeutig mit der Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit. Bis zur großen Reform des Staatsangehörigkeitsrechtes im Jahr 1999 erfolgte die Vergabe der deutschen Staatsangehörigkeit an Drittstaatsangehörige im Kern nach dem Abstimmungsprinzips - die Einführung des ius soli war und ist ein richtiger Schritt zur Förderung von Integration. Den erwähnten Integrationsbericht des Landes Nordrhein-Westfalen können Sie unter http://www.mgffi.nrw.de/integration/PDFs/1_Integrationsbericht_25_09_2008.pdf einsehen.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB