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Frage von Sebastian K. •

Frage an Sebastian Edathy von Sebastian K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Edathy,

ich wende mich an Sie als Vorsitzenden des Innenausschusses.

Mein Anliegen ist der "Sprachnachweis zum Ehegattennachzug".

Ich habe Ihnen vor einigen Wochen per Email meinen Unmut über das besagte Gesetz mitgeteilt. Kurz darauf erhielt ich von Ihnen eine Antwort. Hierzu möchte ich mich vorab herzlich bedanken. Damit gehören Sie zu dem Kreis der wenigen Politiker, die auf meinen Brief geantwortet haben.

Das, was Sie mir geschrieben haben, hat mich jedoch sehr verwundert. Sie schrieben nämlich, dass Sie selbst "verfassungsrechtliche Bedenken" in Bezug auf den geforderten Sprachnachweis zum Ehegattennachzug haben, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Sprachnachweis für Staatsbürger der einen Läder gefordert, für Staatsbürger anderer Länder widerrum nicht gefordert wird.

Auf dieser Internetseite kann man jedoch nachverfolgen, dass Sie FÜR das besagte Gesetz gestimmt haben.

Herr Edathy, ist der Parteidruck in der SPD-Fraktion so hoch, dass Abgeordnete sich diesem trotz verfassungsrechtlicher Bedenken beugen?

Ich könnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, trotz persönlicher verfassungsrechtlicher Bedenken für ein Gesetz gestimmt zu haben und somit tausenden von Paaren das Zusammenleben in Deutschland so erschwert bzw. unmöglich gemacht zu haben.

Ich rechne Ihnen jedoch hoch an, dass Sie im Nachhinein wenigstens offen zugeben, diese Bedenken gehabt zu haben.

Wie stehen Sie übrigens zu der Tatsache, dass der äthiopische Ehegatte eines Deutschen einen Sprachnachweis vor Familienzusammenführung erbringen muss, der äthiopische Ehegatte eines in Deutschland lebenden Österreichers jedoch nicht? Stimmen Sie mir zu, dass es sich um Inländerdiskriminierung handelt?

Herr Edathy, Sie sind Vorsitzender des Innenausschusses und tragen auch parteipolitisches Gewicht. Im Herbst kommt es zu einer Evaluierung des Gesetzes. Ich bitte Sie, sich vehement für eine Änderung des Gesetzes einzusetzen.

Hochachtungsvoll,
Sebastian Köster

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Sehr geehrter Herr Köster,

vielen Dank für Ihre Fragen vom 9. August 2008, die sich mit den Spracherfordernissen beim Ehegattennachzug aus dem Ausland nach Deutschland beschäftigen.

Ich wundere mich ein wenig, dass Sie sich – nachdem Sie zunächst direkten Kontakt zu mir aufgenommen haben und auch eine substantiierte Antwort erhalten haben – nunmehr über dieses öffentliche Forum in gleicher Sache erneut an mich wenden. In meinem Brief an Sie vom 4. Juni 2008 hatte ich Ihnen übrigens mitgeteilt, dass ich bereits im Rahmen der parlamentarischen Debatte um das sog. EU-Richtlinienumsetzungsgesetz, welches die Sprachregelungen beim Ehegattennachzug eingeführt hat, wiederholt meine verfassungsrechtlichen Bedenken formuliert habe. Es ist insofern unzutreffend, wenn Sie schreiben, dass ich diese Bedenken erst jetzt artikulieren würde.

Es ist hingegen zutreffend, dass ich im vergangenen Jahr trotz dieser
Bedenken dem Gesetz zugestimmt habe. Dieses Gesetzespaket, das unter anderem der Umsetzung mehrer EG-Richtlinien diente, war ein Kompromiss. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich im Gesetzgebungsverfahren in wesentlichen Bereichen gegenüber der Union durchgesetzt. Dazu zählt beispielsweise eine weitreichende Bleiberechtsregelung für in Deutschland lebende „geduldete“ Ausländer. Demgegenüber war die SPD-Bundestagsfraktion - gerade auch im Hinblick auf eine mögliche Verwerfung durch das Bundesverfassungsgericht – beim Ehegattennachzug bereit, der CDU/CSU entgegenzukommen. Damit konnte letztlich erreicht werden, ein im Großen und Ganzen vertretbares Gesetzespaket zu beschließen. Das hatte keineswegs etwas mit einem angeblichen „Parteidruck“ zu tun, sondern war vielmehr eine politische Entscheidung, die sich nicht zuletzt aus den gegenwärtigen parlamentarischen Mehrheitsverhältnissen im Deutschen Bundestag ergab.

Hinsichtlich Ihrer letzten Frage muss ich Ihnen mitteilen, dass es nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) grundsätzlich keine „Inländer-Diskriminierung“ gibt.

Ich möchte abschließend nochmals den bedeutenden Schutz betonen, den Artikel 6 des Grundgesetzes der Ehe einräumt. Daher bin und bleibe ich der Ansicht, dass das Bundesverfassungsgericht die Regelungen des Ehegattennachzuges entweder für verfassungswidrig erklären oder aber zumindest eine verfassungskonforme Auslegung, d.h. z.B. erweiterte Härtefallregelungen, fordern dürfte. Ich würde das begrüßen.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB