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Sebastian Edathy
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Frage von Robert K. •

Frage an Sebastian Edathy von Robert K. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Edathy,

eine kurze Frage zum Thema "Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung":

Wird den Verantwortlichen in Parlament und Regierung nicht auch langsam bewußt, daß zusätzlich zu den ohnehin nur unvollständig geregelten privatwirtschaftlichen Datensammlungen auch immer mehr gesetzlich verordnete Datensammlungen ( bei der Beantragung eines Passes, beim Reisen, über die neuen Gesundheitskarten, Mauterfassung etc. ) ein in einem freiheitlich demokratischen Rechtsstaat unvertretbar hohes Missbrauchs- und Datenverlustpotential beinhalten oder wie bewerten Sie die bisher öffentlich gewordenen Vorkommnisse in den USA, Großbritannien und in Deutschland ?

Mir als Bürger und auch meinem gesamten Bekannten- und Freundeskreis ist es inzwischen himmelangst geworden darüber, was auf uns als bürgerliche Gesellschaft alles zukommen wird, wenn schon jetzt Datenpannen und Missbräuche im In- und Ausland offenbar an der Tagesordnung sind.

Wählbar bleiben für uns doch nur noch Parteien, die hier klare Grenzen, auch für die Privatwirtschaft setzen und zumindest all die unbescholtenen und freiheitlich denkenden Bürger vor einer Totalüberwachung schützen.

Mit freundlichem Gruß
Robert Kolb

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Antwort von
SPD

Berlin, den 07.06.2008

Sehr geehrter Herr Kolb,
vielen Dank für Ihre Fragen vom 31.05.2008.

Ich habe immer wieder öffentlich betont, dass ich mich zusammen mit der SPD-Bundestagsfraktion in besonderem Maß für die Gewährleistung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (vgl. Artikel 1, Absatz 1, in Verbindung mit Artikel 2, Absatz 1, des Grundgesetzes) einsetze. Dieses Grundrecht ist in einem Rechtsstaat unverzichtbar.

Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen in der Bundesrepublik sind insgesamt auf einem hohen Niveau. Das gilt zumindest für den staatlichen Bereich. Dennoch sollte überprüft werden, ob beispielsweise die Rahmenbedingungen für die Arbeit des Bundesbeauftragen für den Datenschutz zu verbessern wären.

Ob die Gewährleistung des Datenschutzes im privaten bzw. privatwirtschaftlichen Bereich ebenfalls ausreichend ist, gilt es - angesichts der jüngsten Vorfälle bei der Deutschen Telekom AG und der Firma Lidl - ebenfalls zu prüfen. Anschließend sollten gesetzliche Änderungen gegebenenfalls in Erwägung gezogen werden. Ich halte indes nichts davon, bei jeder Gesetzesüberschreitung nach kurzfristigen Gesetzesänderungen zu rufen. Vielmehr sollten eventuelle Änderungen sorgfältig diskutiert und abgewogen werden.

Ich habe zu diesem Thema am 04.06.2008 im Deutschen Bundestag eine Rede gehalten, diese können Sie auf der Seite www.bundestag.de nachlesen.

Insgesamt ist in meinen Augen die Abwägung bei zwei aufeinandertreffenden Grundrechten das oberste Gebot. Nicht ein Grundrecht überwiegt grundsätzlich ein anderes, sondern alle kollidierenden müssen in einen gerechten Ausgleich gebracht werden, der allen Grundrechten und insbesondere allen Grundrechtsberechtigten bzw. -trägern ein Höchstmaß an Ausübungsmöglichkeit einräumt. So obliegt dem Staat neben der Aufgabe der Gewährleistung des Schutzes des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung auch die Verpflichtung des Schutzes seiner Bürgerinnen und Bürger vor Gefahren und der Beeinträchtigung ihrer Sicherheit.

Ich vertrete daher die Auffassung, dass eine „Totalüberwachung“ selbstverständlich in einem Rechtsstaat undenkbar ist. Gleichermaßen halte ich aber auch eine Ablehnung jedweder Datenspeicherung für falsch. Vielmehr gilt es zu gewährleisten, dass die Balance zwischen staatlichen Sicherheitsinteressen und bürgerlichen Freiheitsrechten gewahrt bleibt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Sicherheit kein Selbstzweck sein darf, sondern im Dienst der Freiheit steht.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB