Frage an Sebastian Edathy von Petra B. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Edathy
für Ihre Antwort bedanke ich mich.
Gestatten Sie eine kurze Nachfrage:
Warum ist der Zeugenschutz, so wie Sie ihn beschreiben, Willkür der Behörden? Oder zumindest von der jeweiligen Sensibilität abhängig?
Wann werden Sie daraus eine politische Aktivität entwickeln, um die guten Ansätze allgemein gültig zu machen??
Mit freundlichen Grüßen
Petra Berndorf
Rehburg, 24.05.2008
Sehr geehrte Frau Berndorf,
ich bedanke mich für Ihre Nachfrage vom 22.05.2008 auf meine Antwort vom selben Tag zum Thema "Schutz von Zeugen bei Prozessen gegen Rechtsextremisten".
Wie Sie meinen Ausführungen entnehmen konnten, ermöglicht die Strafprozessordnung in geltender Fassung durchaus einen ausreichenden Zeugenschutz. Ich habe prinzipielles Vertrauen in die Sensibilität unseres Justizsystems, dass dem im Einzelfall Rechnung getragen wird. Gesetzlich vorzuschreiben, dass bei solchen Prozessen die Nennung von Zeugen-Anschriften in der Anklageschrift unzulässig ist, wäre eine spezialgesetzliche Regelung, die ich für nicht erforderlich halte und die schwer zu definieren sein dürfte (wann ist zu unterstellen, dass ein Angeklagter einen Zeugen/eine Zeugin drangsalieren könnte?; gilt das nur für Verfahren gegen Rechtsextremisten?; ist bei allen Verfahren gegen Rechtsextremisten davon auszugehen, dass dies passieren kann?). Im übrigen kann im Sinne eines "fair trial" nie grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass ein Angeklagter, ggf. über seinen Verteidiger, von der Wohnanschrift eines Zeugen erfährt (dies gehört auf jeden Fall in die Ermittlungsakten), man könnte diese Kenntnis-Erlangung allenfalls erschweren, was aber meines Erachtens keine Gesetzesänderung bedingt, sondern eine Frage der Praxis ist.
Denkbar ist allerdings, dass das Thema auf einer der nächsten Justizministerkonferenzen besprochen wird - mit der möglichen Folge, die Sensibilität für diese Frage dort, wo nötig, zu erhöhen.
Ich werde entsprechend in den nächsten Tagen der Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, MdB, schreiben und dies anregen.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB
Sehr geehrte Frau Berndorf,
da mir inzwischen eine Antwort von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, MdB, vorliegt, möchte ich meine Antwort vom 24. Mai 2008 gern ergänzen.
Das geltende Recht trifft für den Zeugenschutz im Rahmen von Strafverfahren bereits Vorkehrungen und sieht je nach Gefährdungsgrad ein gestuftes System der Geheimhaltungsmöglichkeiten vor, das sowohl für die Zeugenvernehmung als auch für die Anklageschrift gilt.
So kann beispielsweise nach § 68 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) dem Zeugen bei seiner Vernehmung gestattet werden, statt seines „Wohnortes“ eine andere ladungsfähige Anschrift anzugeben, wenn Anlass zu der Besorgnis besteht, dass durch die Angabe des Wohnortes der Zeuge oder eine andere Person gefährdet wird. Diese Vorschrift gilt entsprechend auch für staatsanwaltliche oder polizeiliche Vernehmungen.
Unter der Voraussetzung einer besonderen Gefahr kann dem Zeugen nach § 68 Abs. 3 StPO auch gestattet werden, keine Angaben zur Person zu machen.
Bei Erfüllung dieser Voraussetzungen gelten nach § 200 StPO zudem Besonderheiten in der Anklageschrift.
Ich teile insoweit die Ansicht der Bundesjustizministerin, dass mit diesen Vorschriften das geltende Recht ein Instrumentarium bietet, um Gefährdungslagen für Zeugen zu begegnen. Maßgeblich hängt die Wirksamkeit dieser Vorschriften jedoch, wie in meinen vorherigen Antworten bereits deutlich gemacht, von ihrer sachgerechten Anwendung in der Praxis ab.
Eine weitere Stärkung der Rechte und der Schutz von Opfern und Zeugen im Strafverfahren wird derzeit geprüft, was ich begrüße.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB