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Frage von Hermann M. •

Frage an Sebastian Edathy von Hermann M. bezüglich Innere Sicherheit

Ich bin längjähriger Präsident des führenden deutschen Kurzwaffen-Großkalibervereins. Das Führen von Anscheinswaffen halte auch ich aus den von Ihnen zutreffenden Gründen für dringend regelungsbedürftig.
Auch wir legalen Waffenbesitzer könnte ein Mal in die Situation kommen, wo der legale Schußwaffengebrauch im Rahmen der Notwehr erforderlich werden könnte. Kein Sportschütze möchte jemals in eine solche Situation kommen. Aber wenn man einem solchen Schützen eine Anscheinswaffe vor die Nase hält, dann wird man kaum darum bitten können, diese Waffe einmal näher untersuchen zu dürfen, um zu erkennen, ob es sich um ein Spielzeug handelt. Diese Anscheinswaffen sind fast nicht von scharfen Weffen zu unterscheiden, beim schnellen Anblick auf keinen Fall. Und das sage ich als Sportschütze, der täglich Umgang mit den verschiedensten scharfen Waffen hat.
Hier sehe ich auch einen Regelungsbedarf. Keinen Regelungsbedarf sehe ich aber bei der Diskussion um die weiter angedachten Verschärfungen des WaffG.
Deshalb meine Frage: Haltes Sie es für notwendig, das WaffG weiter zu verschärfen und wenn ja, glauben Sie, damit einen Beitrag zur inneren Sicherheit unseres Landes zu leisten?
Hermann Morsch

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Morsch,

vielen Dank für Ihre Frage zur Reform des Waffenrechts vom 14. Februar 2008, die ich gerne beantworte. Dass Sie mit meinen Ansichten hinsichtlich des Verbots des öffentlichen Führens von Anscheinswaffen übereinstimmen, freut mich.

Ziel der Novelle des Waffenrechts ist es nicht, legale Waffenbesitzer wie Sportschützen, Jäger und Sammler zu drangsalieren oder gar zu kriminalisieren. Mir ist bewusst, dass diese Personengruppen in aller Regel verantwortungsvoll mit Waffen umgehen und von ihnen im Normalfall keine Gefahr für die Innere Sicherheit ausgeht.

Der Innenausschuss des Deutschen Bundestages hat sich am 20. Februar 2008 nach einer öffentlichen Anhörung in der Vorwoche intensiv mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung und den entsprechenden Vorschlägen des Bundesrates befasst und schlägt dem Bundestag vor, den Gesetzentwurf in geänderter Fassung anzunehmen. Zu den Kernpunkten der Beschlussempfehlung des Innenausschusses möchte ich Ihnen folgende Informationen geben:

1) Gelbe Waffenbesitzkarte Die SPD-Bundestagsfraktion wird der Empfehlung des Bundesrates, den Erwerb von Waffen für Inhaber einer Gelben Waffenbesitzkarte zu erschweren, nicht folgen. Personen, die ein Bedürfnis nachweisen können, wie Sportschützen und Jäger, sollen weiterhin Waffen unter den bestehenden Bedingungen erwerben können.

2) Blockiersysteme für Erbwaffen
Zum 1. April 2008 fällt das sogenannte Erbenprivileg weg. Deshalb bedarf es hier einer neuen Regelung. Verfügt ein Erbe über einen gültigen Waffenschein, so werden die Erbwaffen dort eingetragen und müssen genauso verwahrt werden wie alle anderen Waffen auch. Ein Blockieren ist dann nicht notwendig.
Hat der Erbe hingegen keinen Waffenschein und kann kein Bedürfnis nachweisen, muss er innerhalb einer Frist von 4 Wochen die Waffen mit einem Blockiersystem schussunfähig machen. Die Industrie hat solche Systeme bereits entwickelt. Gibt es kein verfügbares Blockiersystem für die konkrete Waffe, entfällt auf Antrag die Verpflichtung zum Blockieren, bis ein solches System verfügbar ist. Ein genereller Verzicht auf das Verwenden von Blockiersystemen kann auf Antrag bei kulturhistorisch bedeutsamen, in der Regel sehr alten, Waffen erfolgen.

3) Kennzeichnung von Waffen
Alle Waffen müssen zur Nachverfolgung auf ihren wesentlichen Teilen gekennzeichnet werden. Handelt es sich aber um Teile einer historisch bedeutsamen Waffensammlung, so ist von der Kennzeichnung abzusehen, damit der kulturhistorische Wert dieser Waffe nicht zerstört wird. Die Waffen einer solchen Sammlung sind wie bisher zu verwahren.

4) Anscheinwaffen
Die konkrete Regelung für die Anscheinwaffen sieht wie folgt aus: Das im Regierungsentwurf vorgesehene Verbot des Führens von Anscheinwaffen in der Öffentlichkeit wird auf alle Waffenattrappen und damit auch auf Kurzwaffen-Imitate ausgedehnt und als Ordnungswidrigkeit geahndet. Der Transport muss in verschlossenen Behältnissen erfolgen (z.B. eingeschweißte Verpackung oder eine per Schloss verriegelte Tasche). Erwerb und Besitz bleiben zulässig, das Zeigen in der Öffentlichkeit grundsätzlich nicht. Ausnahmen gelten nur für solche Gegenstände, die nach ihrem Gesamterscheinungsbild erkennbar zum Spiel oder für Brauchtumsveranstaltungen vorgesehen sind. Ersteres gilt insbesondere, wenn die Imitate die Größe einer tatsächlichen Feuerwaffe um 50 oder mehr Prozent unter- bzw. überschreiten oder neonfarbige Materialien
enthalten.

5) Gefährliche Messer
Ziel der sog. Messerinitiative des Landes Berlin war es, das
zugriffsbereite Führen von gefährlichen Messern in der Öffentlichkeit zu verbieten. Es ist nicht einzusehen, warum vor z.B. Jugendliche Kampfmesser offen im Straßenbild führen können dürfen. Das Drohpotential und das Gefährdungspotential dieser Messer sind hoch. Jäger, Taucher, Angler und andere können solche Messer weiterhin zur Ausübung ihres Sportes benutzen, müssen diese aber auch verschlossen von zu Hause zum Ort der Sportausübung transportieren. Weiterhin werden für bestimmte Berufsgruppen Ausnahmeregelungen gelten. Selbstverständlich aber soll nicht das Führen jeglicher Messer in der Öffentlichkeit verboten werden, sondern nur derjenigen, die das zu unterbindende Bedrohungs- und Gefährdungspotential aufweisen: das sind nach dem Vorschlag des Innenausschusses Messer mit einer feststehenden Klinge von mindestens 12cm sowie sog. Einhandmesser, die für das Aufklappen mit nur einer Hand vorgesehen sind. Diese Messer sollen auch künftig besessen werden können, in der Öffentlichkeit aber nur in begründeten Fällen geführt werden dürfen.

Die Neuregelungen des Waffenrechts richten sich nicht gegen den legalen Waffenbesitz. Vielmehr stellen sie eine Konkretisierung und Klarstellung im Waffenrecht dar und tragen zur Inneren Sicherheit bei. Angesichts des Gefahrenpotentials, das von Waffen ausgeht, halte ich die damit einhergehenden Beschränkungen für gering und verhältnismäßig.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB