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Sebastian Edathy
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Frage von Wilhelm D. •

Frage an Sebastian Edathy von Wilhelm D. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrter Herr Edathy,

wir Anwohner der Samtgemeinde Heemsen,im Ortsteil Gadesbünden haben ein großes Problem. Die Samtgemeinde Heemsen und Gemeinde Heemsen gibt folgende Bauleitplanung bekannt:
1. Änderung des Flächennutzungsplanes Nr.A3/B212 Sondergebiet "Pelletieranlage Gadesbünden"
2. Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes Nr. 11 "Schulland"

Auf dem augewiesenen Gelände z.Z. Ackerland, Eigentümer die Samtgemeinde Heemsen, Größe ca.23000 Quadratmeter umgeben von uns Anwohnern, soll die Pelletieranlage eben mit dieser Änderung als Sondergebiet ausgewiesenen werden. Investitionsgröße € 2Millionen, geplant ein 3 Schichtbetrieb. Die Gemeinde hat natürlich auch ein Gewerbegebiet , freie Fläche noch ca.8 ha, dieses ist aber den hiesigen Investor Herrn Siegfried Heidorn Gadesbünden, nach Aussage des Samtgemeindebürgermeisters Herrn Detlef Meyer, zu teuer.
Dann wird eben ein Sondergebiet ausgewiesen und fertig, in was für einem Land leben wir mittlerweile? Ist für den, der Geld hat, alles möglich?
Von meinem Haus bis zum dann entstehenden Betriebsgelände sind es genau 11 Meter, diese 11 Meter sind unser Garten, die Sonnenseite von Ost bis West. Den anderen Anwohnern geht es ähnlich. Das würde bedeuten,Tag und Nacht Lkw-Verkehr 40 Meter hinter dem Schlafzimmerfester. Ein offenes Fenster wäre wohl nicht mehr möglich vor lauter Abgasen und Lärm der Lkw´s und Produktion.
Was kann man gegen diesen Schwachsinn tun ,ist man einfach dem ausgeliefert, oder können Sie mir sagen, was man tun soll/ könnte?
Zu bemerken wäre noch, dass der derzeitige Bürgermeister Herr Henry Koch Immobilien/Versicherungen und der Herr Heidorn sein Cousin, sowie der Samtgemeindebürgermeister Herr Meyer uns Anwohnern keine Auskunft über Art und Umfang geben wollen. Da auch unser Landrat der Herr Eggers in der Gemeinde wohnt, alle CDU - also beste Verbindungen bis Hannover - wie könnte man sich erfolgreich dagegen wehren? Ich hoffe Sie können uns eine Hilfestellung geben.

Mit freundlichen Grüssen
Wilhelm Dierks

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Antwort von
SPD

Berlin, 25.01.2008

Sehr geehrter Herr Dierks,

vielen für Ihre Fragen zur Bauleitplanung in der Samtgemeinde Heemsen vom 17. Januar 2008.

Aufgrund der Verfassungsordnungen der Bundesrepublik Deutschland und der Bundesländer liegt die Planungshoheit in den Händen der Kommunen. Im Rahmen des Baugesetzbuches (BauGB) und der jeweiligen Landesbauordnung können diese zur Steuerung ihrer städtebaulichen Entwicklung Bebauungspläne als rechtsverbindliche Satzungen erlassen. Die Landesbauordnungen bilden dabei die rechtlichen Grundlagen für weitergehende gestalterische Vorschriften in den Bebauungsplänen.

Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung, d.h. der Flächennutzungsplanung und Bebauungsplanung, sind in § 1 BauGB definiert. Ein wichtiger Grundsatz des Baugesetzbuches ist die gerechte Abwägung der öffentlichen und privaten Belange. Dazu gehören auch die Ziele der Raumordnung: u.a. gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu schaffen sowie soziale und kulturelle Bedürfnisse zu berücksichtigen.

Aufgrund der klaren Kompetenzzuschreibung an die Gemeinden kann ich die Frage, ob diesen Anforderungen im konkreten Fall Rechnung getragen wurde, nicht beurteilen. Daher möchte ich Sie bitten, sich hinsichtlich eventueller Beschwerden an die hier zuständigen Kommunalpolitiker zu wenden.

Selbstverständlich aber sind Sie den kommunalen Entscheidungen in unserem Rechtsstaat keineswegs „ausgeliefert“.

So gab es bereits in der gesetzlich vorgeschriebenen frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB die Gelegenheit, sich vor Ausarbeitung der Planungsunterlagen über die allgemeinen Ziele des Planes zu informieren und sich zu den vorgebrachten Inhalten zu äußern. Die öffentliche Darlegung der allgemeinen Ziele und Zwecke fand nach meinen Recherchen im Zeitraum vom 31. Dezember 2007 bis 18. Januar 2008 im Rathaus der Samtgemeinde Heemsen statt. Haben Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht?
Weiterhin besteht auch die Möglichkeit verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes.

Rechtsschutz gegen vorgelagerte Planungsmaßnahmen (wie den Flächennutzungsplan, aus dem heraus der Bebauungsplan entwickelt werden soll) besteht allerdings nur für die planungsrechtlich beteiligten Behörden. Für den Bürger besteht mangels unmittelbarer Bindungswirkung und Rechtsnormqualität des Flächennutzungsplans indes in der Regel keine Klagemöglichkeit.

Hinsichtlich des Bebauungsplanes gibt es hingegen zwei Möglichkeiten.

1) Zunächst kann der Bebauungsplan um Rahmen einer sog. Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) gegen eine daraufhin erteilte Baugenehmigung gerichtlich überprüft werden (sog. Inzidentkontrolle). Dabei kann die teilweise oder vollständige Nichtigkeit des Bebauungsplanes festgestellt werden.

2) Darüber hinaus kann ein Bebauungsplan gemäß § 47 VwGO vom Oberverwaltungsgericht im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens überprüft werden.
Schließlich besteht nach Ansicht der Rechtssprechung (BVerfGE 70, 35) unter bestimmten Voraussetzungen auch die Möglichkeit, gegen einen Bebauungsplan Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzureichen, sofern ein Normenkontrollantrag gescheitert ist.

Konkretere rechtliche Hinweise darf ich Ihnen nicht erteilen, da ich hierzu vor dem Hintergrund der Gewaltenteilung nicht befugt bin. Ich kann Ihnen daher nur empfehlen, sich ggf. an einen Rechtsanwalt mit Schwerpunktrichtung Verwaltungsrecht zu wenden und mit diesem die Erfolgsaussichten einer Klage zu besprechen. Zudem böte es sich sicherlich an, das Thema zum Gegenstand von Gesprächen mit der Lokalpolitik und der Lokalpresse zu machen.

Bei weiteren Fragen können Sie sich selbstverständlich gerne direkt per E-Mail an mein Berliner Büro wenden: sebastian.edathy @ bundestag.de .

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB