Frage an Sebastian Edathy von Nicole R. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Edathy,
warum werden Gesetzte nicht dahingehend geändert, das wenn Firmen wie Nokia, die in Deutschland Subventionen erhalten haben und dann, wegen noch mehr Profit, das Land verlassen - und Deutschland nicht weiter schröpfen können - das diese Firmen die Subventionen zurückzahlen müssen. Oftmals werden diese Firmen, die satte Gewinne einfahren, auch noch steuerlich begünstigt, bzw. dürfen ihre "Verluste" steuerlich absetzten.
Da muss sich doch langsam mal was ändern.
Für eine Antwort ob sich da endlich was ändert wäre ich dankbar.
Gruß
Nicole Roth
Berlin, den 17.01.2008
Sehr geehrte Frau Roth,
vielen für Ihre Frage vom 16. Januar 2008.
Ich teile Ihre Auffassung, dass die Entscheidung des finnischen Mobiltelefonherstellers Nokia, die Handy-Produktion in Bochum einzustellen und diese nach Rumänien zu verlagern, nicht in Ordnung ist.
Das Unternehmen hat öffentliche Fördergelder von rund 60 Millionen Euro sowie weitere Mittel des Bundes für die Errichtung des Bochumer Werk erhalten. Insgesamt handelt es sich um einen Betrag von 88 Millionen Euro. Die jetzige Entscheidung bedeutet daher nicht nur, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Stich gelassen werden, sondern sie bedeutet auch eine Ausnutzung der Steuerzahler. Ich bin der Ansicht, dass der Verbraucher von einem Unternehmen, das in der Bundesrepublik produziert und dessen Produkte er kauft, zu Recht Verantwortung für einen hiesigen Standort erwarten kann. Das gilt in besonderem Maße bei einem Produktionswerk, das „schwarze Zahlen“ schreibt und einem Unternehmen, das wirtschaftlich gesund und stabil ist.
Weiterhin ist zu beachten, dass die Löhne im Bochumer Werk einen Anteil von lediglich fünf Prozent der Produktionskosten ausmachen und diese überdies durch gute Motivation, Ausbildung und große Sorgfalt der hiesigen Beschäftigten von der Höhe her berechtigt sind.
Auch die Aussage des finnischen Konzerns, der Standort Deutschland sei nicht mehr wettbewerbsfähig, ist zweifelhaft. Immerhin schafft das Unternehmen es dennoch, Rekordgewinne zu erzielen. Durch die Entscheidung der Konzernleitung, trotzdem aus offenbar hemmungslosem Gewinnstreben das Bochumer Werk zu schließen, erwächst der Eindruck, dass ihr die Menschen, die ihre ganze Arbeitskraft in den Erfolg des Unternehmens investiert haben, gleichgültig sind.
Offensichtlich scheinen sich Nokia und einige andere Unternehmen der nicht zuletzt sozialen und moralischen Verantwortung, die sie mit der Annahme der Subventionen übernommen haben, nicht bewusst zu sein bzw. – und noch viel schlimmer – wollen diese Verantwortung nicht wahrhaben.
Wenn einem gesunden Konzern in einem so erheblichen Umfang Steuergelder zur Verfügung gestellt werden, so geschieht das natürlich, und für alle Parteien transparent, im Hinblick darauf, dass Arbeitsplätze erhalten werden. So wurden die Subventionen des Landes Nordrhein-Westfalen an den finnischen Konzern beispielsweise mit der Verpflichtung bezahlt, dass er bis September 2006 eine gewisse Anzahl an Arbeitsplätzen halten würde. Es ist ein dreistes Verhalten des Unternehmens, kurz nach Ende der Bindungsfrist den Standort zu verlassen. Durch das Ablaufen dieser vertraglichen Bindungsfrist aber gibt es letztlich keine rechtliche Handhabe, um gegen die Entscheidung von Nokia vorzugehen.
Die Frage, die Sie stellen, „ob sich da endlich mal was ändert“, ist berechtigt.
Zwar gibt es viele Fälle, in denen sehr erfolgreich Landesbürgschaften oder Subventionen eingesetzt und damit dauerhaft Arbeitsplätze gesichert worden sind.
Insgesamt sollte aber diskutiert werden, ob das System der teuren Subventionen zumindest mit Blick auf wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen dauerhaft sinnvoll ist bzw. in solchen Fällen mit weitreichenderen Auflagen verbunden werden sollte, als dies mit Blick auf das Nokia-Werk in Bochum der Fall gewesen ist.
Mit freundlichen Grüßen nach Husum
Sebastian Edathy, MdB