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Sebastian Edathy
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Frage von Joachim H. •

Frage an Sebastian Edathy von Joachim H. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Bundestagsabgeordneter Edathy,

kennen Sie die Wahlkampfsprüche Ihres Parteifreundes Gerhard Schröder von 1997. Wenn nicht, dann verweise ich Sie auf den Spiegelartikel v. 8.1.08

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,527449,00.html

Schröder forderte die sofortige Abschiebung krimineller Ausländer. Seine deutlichen Worte waren: "Wir dürfen nicht mehr so zaghaft sein bei ertappten ausländischen Straftätern. Wer unser Gastrecht mißbraucht, für den gibt es nur ein: raus, und zwar schnell."

Sehen Sie und Ihre heutige Partei das auch so oder verurteilen Sie als Vorsitzender des Innenausschusses des Bundestages diese populistischen Sprüche von Schröder?

Ich kann zwischen dem Verhalten von Schröder damals und Roland Koch heute keinen Unterschied erkennen. Wie sehen Sie das?

Was hat die Politik in Deutschland falsch gemacht, daß für "(Scheiß) Deutsche" viele Stadtviertel der deutschen Ballungszentren nur noch "no go areas" sind. Ist das nicht eine Art des umgekehrten Rassismus gegen Inländer? Was beabsichtigen Sie und Ihre Partei dagegen zu unternehmen?

Mit freundlichen Grüßen
Joachim Hahn

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Antwort von
SPD

Berlin, den 17.01.2008

Sehr geehrter Herr Hahn!

1) Ich verurteile jegliche Art von Populismus, weil er sich dadurch auszeichnet, der Komplexität eines Themas in der Regel nicht gerecht zu werden.

2) Das Gefährliche an den Aussagen und Forderungen von Roland Koch ist die offensichtliche Fremdenfeindlichkeit und die bewusste Stigmatisierung ganzer Bevölkerungsgruppen. Herrn Koch geht es nicht um die Bekämpfung eines Problems, sondern er schürt gezielt Ängste, um damit Stimmen für eine Landtagswahl zu gewinnen. Die Ängste der Menschen und die nachvollziehbare Furcht vor Gewalt werden so in einer abstoßenden und nicht hinnehmbaren Weise instrumentalisiert.

3) Die große Koalition hat im vergangenen Jahr durch Änderungen des Aufenthaltsgesetzes den besonderen Ausweisungsschutz Heranwachsender, die im Bundesgebiet aufgewachsen sind und eine Niederlassungserlaubnis besitzen, gemindert. Dieser Ausweisungsschutz ist nun nicht mehr anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen serienmäßiger Begehung nicht unerheblicher vorsätzlicher Straftaten, wegen schwerer Straftaten oder einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Weiteren Forderungen nach schnellerer Ausweisung krimineller Jugendlicher mit Migrationshintergrund ist entgegenzuhalten, dass die Probleme der hier legal aufgewachsenen Jugendlichen und Heranwachsenden in der Regel auch hier gelöst werden müssen.

4) Ich frage mich, Herr Hahn, wie sie auf den absurden Gedanken kommen, dass „viele Stadtviertel der deutschen Ballungszentren nur noch ´no go areas´“ für Deutsche seien. Das sehe ich völlig anders. Eine Ghettoisierung der Migranten, wie sie z.B. in Frankreich stattgefunden hat, gibt es in der Bundesrepublik gerade nicht. U.a. diese Bildung von sozialschwachen Gegenden hat zu den Ausschreitungen in den Banlieues der französischen Großstädte im Jahr 2005 geführt. In der Bundesrepublik wurden keine „Ausländer-Wohngebiete“ gebildet, die nun zum Unruheherd werden könnten. Und wenn Sie mir jetzt etwa einen Hinweis auf den Berliner Stadtteil Kreuzberg entgegenhalten sollten, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass wenige andere Berliner Stadtteile von (auch inländischen) Touristen so gerne und zahlreich besucht werden.

Dennoch ist es natürlich notwendig, generell die Ursachen von (Jugend-)Kriminalität und (Jugend-)Gewalt zu bekämpfen. Hierbei halte ich eine Verstärkung der Prävention durch gleiche Bildungschancen, Ganztagsschulen, Jugendarbeit und eine Ausbildungsperspektive für jeden Jugendlichen für wichtig.

Besonders sinnvoll aber ist eine konsequente Integrationspolitik, die faire Chancen ermöglicht und auf klaren Regeln basiert.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB