Frage an Sebastian Edathy von Greg B. bezüglich Recht
Hier bei Abgeordnetenwatch zum Thema Vorratsdatenspeicherung schreiben Sie "Betonen möchte ich, dass von "Unkenntnis" hinsichtlich der Materie keine Rede sein kann. So fanden im federführenden Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages beispielsweise öffentliche Anhörungen zu der Thematik statt." [Antwort vom 9.11. auf Frage von Ulrike Brackmeyer", Anm. d. Red.]
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Und der Konsens der geladenen Experten dieser öffentlichen Anhörung war bis auf einem, dass diese Vorratsdatenspeicherung, ich will es mal mit eigenen Worten ausdrücken... "Schwachfug" ist.
Zitat aus der Abendschau 22.09 "Bereits gestern äußerten Experten der Telekommunikationsbranche, Datenschützer und Verleger bei der Anhörung im Rechtsausschuss heftige Kritik am geplanten Gesetz zur Speicherung von Telefon-, Handy- und Internet-Daten sämtlicher Bürger."
Im Heiseforum steht " Bei einem Fachgespräch der SPD-Bundestagsfraktion machten Vertreter aus Wissenschaft und Wirtschaft ihrem Unmut über die Beratungsresistenz der Gesetzgeber Luft. Die Abgeordneten würden beim Vorbringen von Kritik in parlamentarischen Anhörungen "alle nicken", aber dann komme doch nichts dabei heraus und entscheidende Korrekturen an den Gesetzesentwürfen würden unterbleiben. " Zitat Ende
Bei dem Internetportal "Golem" hies es, dass die Vorratsdatenspeicherung gegen Terrorismus große Lücken aufweist. Telefonzellen, Internetcaffes, ausländische Handykarten werden nicht in der Überwachung aufgenommen. Letztlich richtet sich die Vorratsdatenspeicherung viel mehr gegen die Allgemeinheit, als gegen den Terrorist, der weiß wie er sie umgehen kann. Ein kurzer Wink zum "Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit" das anfänglich als Werkzeug gegen den Terrorismus geplant war, nun gegen die Bürger gerichtet ist.
Ich selbst finde die ganze Sache hochgradig besorgniserregend und ein Vertrauen in die Politik, gleich welcher Partei, habe ich schon lange nicht mehr.
Meine Frage an Sie lautet: Sehen Sie das Land auf einen Abgrund zufahren, weil Staat und Volk sich gegenseitig misstraut?
Berlin, den 12.11.2007
Sehr geehrter Herr Berdet,
vielen Dank für Ihre Frage vom 09.11.2007.
Sie fragen mich, ob ich „das Land auf einen Abgrund zufahren (sehe), weil Staat und Volk sich gegenseitig misstraut“.
Dies kann ich eindeutig verneinen. Ich sehe weder die Bundesrepublik auf einen Abgrund zufahren noch kann ich ein Misstrauen zwischen Staat und Bevölkerung erkennen. Vielmehr glaube ich an die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art.20 Grundgesetz, der die Bundesrepublik Deutschland u.a. als demokratischen Rechtsstaat konstituiert und festlegt, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht.
Um Misstrauen geht es nicht bei der von Ihnen thematisierten sog. Vorratsdatenspeicherung. Es handelt sich gerade nicht um den so oft und zu Unrecht thematisierten Generalverdacht, unter den angeblich alle Bürger gestellt würden.
Hinsichtlich der Notwendigkeit der Vorratsdatenspeicherung verweise ich auf die beträchtliche Zunahme elektronischer Kommunikation in den letzten Jahren. Sowohl wissenschaftliche Untersuchungen als auch praktische Erfahrungen in mehreren Mitgliedstaaten zeigen, dass Daten über die Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel ein notwendiges und wirksames Ermittlungswerkzeug für die Strafverfolgung, insbesondere in schweren Fällen wie z.B. organisierter Kriminalität darstellen. Deshalb muss gewährleistet werden, dass diese Daten unter der Voraussetzung richterlicher Genehmigung den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung stehen. Der entsprechende Zeitraum sollte dabei einheitlich sein.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat im Bewusstsein der Verantwortung für eine wirksame Kriminalitätsbekämpfung ihre Verpflichtung für Bürgerrechte ernst genommen. Die künftig von den Unternehmen gespeicherten Daten sind dabei im Wesentlichen diejenigen, die von ihnen bereits heute üblicherweise zu Abrechnungszwecken gespeichert werden. Das sind insbesondere die genutzten Rufnummern und Kennungen sowie Uhrzeit und Datum der Verbindungen. Neu hinzu kommt nur, dass bei der Mobilfunktelefonie auch der Standort (Funkzelle) bei Beginn der Mobilfunkverbindung gespeichert wird. Daten, die Aufschluss über den Inhalt der Kommunikation geben, dürfen nicht gespeichert werden.
Die Daten werden – wie auch bisher – nur bei den Telekommunikationsunternehmen gespeichert. Wie bisher schon können Polizei und Staatsanwaltschaft grundsätzlich nur dann auf die Daten zugreifen, wenn dies zuvor durch einen richterlichen Beschluss erlaubt wurde. In diesem Beschluss legt der Richter genau fest, welche Daten das Unternehmen aus seinem Bestand herausfiltern und den Strafverfolgungsbehörden übermitteln muss.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat bei dem Gesetz im Auge behalten, dass der Staat für die Sicherheit zu sorgen hat und daher die berechtigten Strafverfolgungsinteressen des Staates angemessen berücksichtigt werden müssen. Andererseits greifen verdeckte Ermittlungsmaßnahmen aber regelmäßig in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger ein, so dass für ihre Anordnung strenge Voraussetzungen gelten und der Rechtsschutz wirksam ausgestaltet sein müssen.
Meiner Ansicht nach ist eine dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechende Abwägung aller relevanten Belange gelungen.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB