Frage an Sebastian Edathy von Greg B. bezüglich Recht
Auf der Internetseite von N-TV vom 24.Aug.2007 steht Zitat "Nach der Hetzjagd auf Inder in der sächsischen Kleinstadt Mügeln fordert der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), härtere Strafen für rechtsextreme oder ausländerfeindliche Straftaten. Er könne sich vorstellen, dass die Bestrafung solcher Taten grundsätzlich nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt wird, sagte Edathy gegenüber n-tv.de." Zitat Ende.
Sehr geehrter Herr Edathy,
Rechtsextreme Gewalt ist wie jede andere Form von Gewalt gleichermaßen zu verurteilen. Ich verstehe aber nicht, warum Gewalt von Deutschen gegen Ausländer schwerer wiegt, als Gewalt von Ausländern gegen Deutsche?
Ich denke schon mal im voraus für ihre Antwort
Mit freundlichen Gruß
Greg Berdet
Sehr geehrter Herr Berdet,
vielen Dank für Ihre Fragen vom 24. August 2007, die sich mit dem Thema „Gewalt“ befassen.
Ziel meiner von Ihnen zitierten Aussage im Fernsehsender N-TV über Strafschärfungen bei rechtsextremen und fremdenfeindlichen Straftaten war es nicht, in Abrede zu stellen, dass es auch Gewalt von Ausländern gegenüber Deutschen gibt. Mir ist sehr wohl bekannt, dass sich auch unter Jugendlichen mit Migrationshintergrund z.T. ein hohes Gewaltpotenzial findet. Ich bezweifle jedoch, dass bei einer größeren Anzahl von Gewalttaten von Ausländern gegen Deutsche die deutsche Herkunft bzw. die blonden Haare und blauen Augen der Opfer, also Rassismus, das Motiv für die Gewalttat war. Auch Migrationsforschern, die sich mit dem Thema beschäftigen, ist ein solches Phänomen nicht bekannt.
Es ist nach meinem Dafürhalten falsch, alle Formen der Gewalt, unabhängig von der ihr jeweils zu Grunde liegenden Motivationslage, unter der Kategorie „Gewaltkriminalität“ zusammenzufassen und die besondere Gefahr, die fremdenfeindlich motivierte Gewalt für die Demokratie in unserem Land darstellt, zu relativieren.
Rechtsextreme und ausländerfeindliche Straftaten, die so genannte Hasskriminalität, sind besonders gefährlich, weil sie die Basis unseres zwischenmenschlichen Zusammenlebens angreifen: die Universalität der Menschenwürde. Die Täter wählen ihre Opfer zufällig aus, ohne dass eine direkte oder persönliche Beziehung besteht. Sie werden stellvertretend für eine den Tätern verhasste Minderheitengruppe allein aufgrund ihrer z.B. Hautfarbe, Nationalität, Religion, Behinderung oder einfach ihres Lebensstils ausgewählt. Besonders dramatisch: Die Opfer können nichts daran ändern. Ihre „Merkmale", weshalb sie Opfer von brutalen Gewaltattacken geworden sind, sind von ihnen nicht beeinflussbar. Sie werden symbolisch für eine gesamte Gruppe erniedrigt. Andere Gewalttaten sind dagegen in der Regel Beziehungsstraftaten.
Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass mein Vorschlag nach Strafschärfung von „Hate-Crimes“ und nach Nichtaussetzung zur Bewährung in solchen Fällen nicht neu ist: So haben die Länder Brandenburg und Sachsen-Anhalt eine Gesetzesinitiative beim Bundesrat zur entsprechenden Verschärfung des Strafrechts bei „Hasskriminalität“ vorgelegt (Bundesrats-Drucksache 572/07). Ebenfalls hat bereits im Jahr 2002 die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz gegenüber der Bundesrepublik gefordert, rassistische Beweggründe bei allen Straftaten als strafschärfend zu bewerten. Hinzukommend ist während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im vergangenen Halbjahr einstimmig ein Rahmenbeschluss ergangen, in dem die Justizminister der EU fordern, rassistische und fremdenfeindliche Beweggründe bei Gewalttaten als strafschärfend zu berücksichtigen. In Großbritannien, Schweden, Spanien und Italien sind die entsprechenden Rechtsnormen bereits lange vor diesem Beschluss verschärft worden.
Ich hoffe, Ihnen die Beweggründe für meine Äußerung verdeutlicht zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB