Frage an Sebastian Edathy von Ralph M. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Edathy,
aut einem Bericht auf N-TV.de (siehe http://www.n-tv.de/843077.html) sprechen Sie sich für eine härtere Bestrafung von ausländerfeindlichen Taten aus und fordern, daß solche Taten grundsätzlich nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden sollten.
Sind für Sie Opfer nur schützenwert, wenn sie einem rechtsradikal motivierten Verbrechen zum Opfer gefallen sind?
Fordern Sie damit nicht die Einführung eines Gesinnungsstrafrechtes, bei dem die politische Gesinnung des Täters das Strafmaß bestimmt?
Erst vor kurzem wurde in Berlin ein junger Mann von einem bereits wegen eines Messerangriffes verurteilten Täter ermordet (siehe http://www.welt.de/welt_print/article944673/Mord_am_Badesee_wegen_einer_Kleinigkeit.html), weil die Richterin es nicht für nötig erhielt eine Haftstrafe zu verhängen. Sind Sie nicht der Meinung, daß Gewaltverbrechen grundsätzlich, ungeachtet ihrer politischen oder auch sonstigen Motivation, strenger bestraft werden sollten um die Gesellschaft vor gewalttätigen Kriminellen (und nicht nur vor Rechtsradikalen) zu schützen?
Mit freundlichen Grüßen,
Ralph Matthes
Sehr geehrter Herr Matthes,
vielen Dank für Ihre Fragen vom 24. August 2007, die sich mit dem Thema „Bestrafung von Gewaltstraftaten“ befassen.
Ziel meiner von Ihnen zitierten Aussage im Fernsehsender N-TV über Strafschärfungen bei rechtsextremen und fremdenfeindlichen Straftaten war es nicht, in Abrede zu stellen, dass es eine Vielzahl von Gewalttaten gibt und diese – unabhängig von ihren jeweiligen Gründen - vermieden bzw. geahndet werden müssen.
Es ist nach meinem Dafürhalten aber falsch, alle Formen der Gewalt, unabhängig von der ihr jeweils zu Grunde liegenden Motivationslage, unter der Kategorie „Gewaltkriminalität“ zusammenzufassen und die besondere Gefahr, die fremdenfeindlich motivierte Gewalt für die Demokratie in unserem Land darstellt, zu relativieren. Das bedeutetet aber natürlich nicht, dass nur die Opfer schützenswert sind, die einem „rechtsradikal motivierten Verbrechen zum Opfer gefallen sind“. Eine Verbesserung des Schutzes für alle Opfer muss ein zentrales Anliegen aller polizeilicher Arbeit sein.
Rechtsextreme und ausländerfeindliche Straftaten, die so genannte Hasskriminalität, sind aber deshalb besonders gefährlich, weil sie die Basis unseres zwischenmenschlichen Zusammenlebens angreifen: die Universalität der Menschenwürde. Die Täter wählen ihre Opfer zufällig aus, ohne dass eine direkte oder persönliche Beziehung besteht. Sie werden stellvertretend für eine den Tätern verhasste Minderheitengruppe allein aufgrund ihrer z.B. Hautfarbe, Nationalität, Religion, Behinderung oder einfach ihres Lebensstils ausgewählt. Besonders dramatisch: Die Opfer können nichts daran ändern. Ihre „Merkmale", weshalb sie Opfer von brutalen Gewaltattacken geworden sind, sind von ihnen nicht beeinflussbar. Sie werden symbolisch für eine gesamte Gruppe erniedrigt. Andere Gewalttaten sind dagegen in der Regel Beziehungsstraftaten.
Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass die Idee einer Strafschärfung von „Hate-Crimes“ und nach Nichtaussetzung zur Bewährung in solchen Fällen nicht neu ist: So haben die Länder Brandenburg und Sachsen-Anhalt eine Gesetzesinitiative beim Bundesrat zur entsprechenden Verschärfung des Strafrechts bei „Hasskriminalität“ vorgelegt (Bundesrats-Drucksache 572/07). Ebenfalls hat bereits im Jahr 2002 die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz gegenüber der Bundesrepublik gefordert, rassistische Beweggründe bei allen Straftaten als strafschärfend zu bewerten. Hinzukommend ist während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im vergangenen Halbjahr einstimmig ein Rahmenbeschluss ergangen, in dem die Justizminister der EU fordern, rassistische und fremdenfeindliche Beweggründe bei Gewalttaten als strafschärfend zu berücksichtigen. In Großbritannien, Schweden, Spanien und Italien sind die entsprechenden Rechtsnormen bereits lange vor diesem Beschluss verschärft worden.
Ich halte die Strafrahmen, die das Strafgesetzbuch vorgibt, grundsätzlich für ausreichend. Aus oben genannten Gründen gilt dies indes nicht für die „Hasskriminalität“.
Ich hoffe, Ihnen die Beweggründe für meine Äußerung verdeutlicht zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB