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Frage von Dr. med. Joachim K. •

Frage an Sebastian Edathy von Dr. med. Joachim K. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr MdB Edathy.

Als Arzt mit Hospiztätigkeit bin ich tagtäglicher Zeuge des Leids des Tabakterrors: Weinen, Trauer, Schmerz, Luftnot, Waisen, trauernde Eltern, Invalidität ...
(Dass es so kommt, hat keiner der Betroffenen erwartet!)

Die kalte Statistik dahinter ist Ihnen wohl bekannt: 140.000 Tode in D jährlich und 3.300 tote Zwangsraucher. Vielleicht 14.000.000 chronisch Kranke, 1/3 der Kosten des Gesundheitswesen (und viele weitere Kosten mehr).

60 Mal im Jahr reist die Tabakbestie ihre Opfer unter den Kleinsten: Plötzlicher Kindstod. Ich durfte jetzt in so einem Fall die Familie begleiten.

Ich frage Sie, da es wohl immer noch Politiker gibt, die lukrative "Gesprächsbereitschaft" zur Tabaklobby pflegen:

Wie können Sie helfen die Tabakepidemie (WHO) und das tödlichen Treiben der Lobbyisten zu stoppen?

Würde ein Dokumentationszentrum -wie für die Mauertoten- helfen, Verantwortliche zu entlarven und das Leid allgemein vor Augen zu führen?

Wie kann die alltägliche Schleichwerbung (45% aller TV-Produktionen, große Teile des Kinderprogramms) verhindert werden?

Ist es nicht eine Schande für Deutschland, dass wir die meisten Kinder und Jugendlichen weltweit haben, die rauchen (mind. 50% der fortgesetzten Raucher sterben daran!) ?

Ist es nicht eine Schande, dass die Zigarettenlobby Wertbegriffe wie Freiheit, Selbstbestimmung und Freiwilligkeit mißbraucht und doch den Zigaretten ausgeklügelt 37 Sucht-auslösende Stoffe zusetzt?

Als Arzt erlebe ich immer, dass sich Ex-Raucher befreit und erleichtert fühlen!

Mit wachsamen Grüßen
Dr. med. Joachim Kamp, Emsdetten

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dr. Kamp,

vielen Dank für Ihre Fragen vom 26. Mai 2007, die ich Ihnen gern beantworte.

Ich kann gut nachvollziehen, dass durch Ihre Arbeit als Arzt in einem Hospiz ganz besonders mit den Gefahren des Tabaks vertraut sind und sich daher auch in besonderem Maße gegen Tabakkonsum engagieren.

Auch ich bin für die Erweiterung des Nichtraucherschutzes und den Schutz vor den Gefahren des ungewollten Passivrauchens. Wie in allen staatlichen Angelegenheiten besteht auch beim Nichtraucherschutz freilich die Notwendigkeit der Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Dieser rechtsstaatliche Grundsatz gilt ausnahmslos. Bisweilen kommt es mir aber so vor, als würde dies im Rahmen des Nichtraucherschutzes aus den Augen verloren. Wer raucht, schädigt sich zunächst einmal selbst. Diese Selbstschädigung aber zu verbieten, grenzte an Absurdität. Daher kann es bei einem Rauchverbot nur um den Schutz Dritter vor Passivrauch gehen. Ein Dritter muss aber dort nicht mehr geschützt werden, wo eine Schädigung ausgeschlossen ist.

Durch das am 24. Mai 2007 verabschiedete Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens (Bundestags-Drucksache 16/5049) wurde ein richtiger und entscheidender Schritt in Richtung Verbesserung des Nichtraucherschutzes gegangen. Ab dem 1. September 2007 gilt in Bundesbehörden sowie in Bahnhöfen und öffentlichen Verkehrsmitteln ein bußgeldbewehrtes Rauchverbot.
Zudem wird die Altersgrenze, ab der das Rauchen gesetzlich gestattet ist, mit Wirkung zum 1. Januar 2009 von 16 auf 18 Jahre erhöht. Wie Sie sicherlich über die Medien erfahren haben werden, hat der Bund damit seine Gesetzgebungskompetenz ausgeschöpft. Auch die Länder erzielten allerdings eine Einigung dahingehend, dass sie weitgehende Rauchverbote in öffentlichen Einrichtungen sowie Bars und Diskotheken erlassen wollen.

Zu Ihrer Frage betreffend der Schleichwerbung möchte ich darauf verweisen, dass diese bereits zum jetzigen Zeitpunkt unzulässig ist, vgl. u.a. § 4 Nr. 3 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Ihren Vorschlag zu Errichtung eines Dokumentationszentrums halte ich für wenig sinnvoll: Bereits Ihr Vergleich „wie für die Mauertoten“ zeigt doch, dass die Diskussion ein wenig skurril geworden ist. Raucher schaden sich nun einmal zunächst selbst – und dies auch im Bewusstsein der Gefährlichkeit.
Die Opfer an der Mauer wurden auf Befehl erschossen oder anderweitig bewusst staatlicherseits getötet. Eine auch nur annähernde Vergleichbarkeit ist für mich nicht erkennbar!

Mit freundlichen Grüßen

Sebastian Edathy, MdB