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Frage von Lothar A. •

Frage an Sebastian Edathy von Lothar A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind offenbar nicht in der Lage Gesetze hinsichtlich ihrer Verfassungamäßigkeit, Bestimmheit und Machbarkeit zu beurteilen. Der Bundespräsident hat einige Gesetze wegen erheblicher Bedenken nicht ausgefertig, das Verfassungsgericht Gesetze wegen Verstosses gegen die Verfassung "kassiert", der Bundestag selbst nach Beschluß nachträgliche Änderungen mit juristischen Winkelzügen in anderen Gesetzen einbebaut. (z. B. das ehemalige Antidiskriminierungsgesetz, dass in Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz umbenannt und geändert wurde und wo erneute Änderungen im Betriebsrentengesetz versteckt wurden, um erneute parlamentarische Beratungen zu vermeiden) Der Bundespräsident hat laut Verfassung die Gesetze, die er unterschreibt zu prüfen. Er ist Teil des Gesetzgebungsverfahrens. Sie haben sich als Abgeordneter des Bundestages offenbar dahingehend geäußert und angezweifelt, dass der Bundespräsident kein zweites Mal gewählt würde. Sind Sie bei derv offenkundigen Fähigkeit der Parlametarier der Meinung, dass das Grundgestz geändert werden sollte und dass das Verfassungsgericht als Prüfeinrichtung ausreicht? Sind Sie sicher, dass der Bundespräsident nicht wiedergewählt wird? Sind Sie sicher, dass Sie wiedergewählt werden? Was würden Sie nach Ihrer Bundestageszeit an Tätigkeiten ausüben?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Abrakat,

vielen Dank für Ihre Fragen vom 19. Dezember 2006 zur Stellung des Bundespräsidenten.

Meine von Ihnen erwähnte Aussage, dass ich nicht der Ansicht bin, dass der Bundespräsident Horst Köhler unter einer großen Koalition ein zweites Mal gewählt werde, bezog sich nicht auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Nichtunterzeichnen von Gesetzen durch ihn, sondern einzig darauf, dass ich bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen auf Bundesebene nicht glaube, dass sich ein Präsident, der von CDU und FDP vorgeschlagen wurde, nochmals durchsetzen kann.

Ihre Auffassung, dass der Bundespräsident „laut Verfassung die Gesetze, die er unterschreibt, zu prüfen hat“, teile ich nicht in vollem Umfang. So hat der Bundespräsident zwar gemäß Art. 82 Abs. 1 Grundgesetz (GG) unstreitig ein formelles Prüfungsrecht der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen, d.h. ein Prüfungsrecht über das ordnungsgemäße Zustandekommen des Gesetzes wie die Zuständigkeit und das Gesetzgebungsverfahren.

Ein materielles Prüfungsrecht des Bundespräsidenten, also das Recht zur Prüfung der inhaltlichen Vereinbarkeit des betreffenden Gesetzes mit der Verfassung, ist indes seit jeher in Verfassungsrechtskreisen streitig und im Grundgesetz zumindest nicht explizit geregelt. Hinsichtlich der Argumente verweise ich auf die einschlägige Kommentarliteratur zu Art. 82 GG. In jedem Falle steht dem Bundespräsidenten jedoch ein Verwerfungsrecht bei evidenten Verfassungsverstößen zu, d.h. dann, wenn dem Gesetz „die Verfassungswidrigkeit auf die Stirn geschrieben steht“.

Genau diese offenkundige Verfassungswidrigkeit habe ich indes bei den jüngst nicht unterzeichneten Gesetzen nicht gesehen: Meiner Ansicht nach hätte der Bundespräsident diese Gesetze ausfertigen müssen. Sie hätten dann, der Verfassung entsprechend und so von ihr vorgesehen, allerdings vom dafür zuständigen Bundesverfassungsgericht auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft werden können.

Auf Ihre beiden letzten Fragen möchte ich Ihnen gern mitteilen, dass ich mir als Abgeordneter des Deutschen Bundestages natürlich nicht sicher sein kann, wieder gewählt zu werden. Dies würde auch nicht meiner Vorstellung von Demokratie entsprechen. Der Wählerwille allein entscheidet über eine Wiederwahl. Die Frage, welche Art von Tätigkeit ich nach Ablauf meines Mandats im Falle meiner Nichtwiederwahl ausüben würde, stellt sich allerdings derzeit nicht.

Ich hoffe, Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Sebastian Edathy, MdB