Portrait von Sebastian Edathy
Sebastian Edathy
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Sebastian Edathy zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Erich H. •

Frage an Sebastian Edathy von Erich H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

werter Herr Edathy,

in einer Ihrer Antworten schrieben Sie, dass die Diäten eine Errungenschaften der Demokratie sind.
Haben Sie nicht vergessen hinzuzufügen, aber zu Lasten des Steuerzahlers.
Habe mir gerade die Mühe gemacht und durchgerechnet, was ein Abgeordneter wie Sie den Steuerzahler jährlich kostet.
1. 8252€ Diäten (wird versteuert)
2. 8252€ von der Fraktion (unversteuert)
3. 1000€ für Büromaterial (muss nicht nachgewiesen werden)
4. 3984 € (steuerfrei)
Dies mal 12 Monate= 21458 x 12 = 257 496€ dazu erhalten Sie noch 176.554 für Personal = 433.400€
623 Abgeordnete hat der Bundestag = 270.008.200 Millionen
Dazu erhalten alle Abgeordneten eine Bahncard unentgeltlich, dürfen den Fahrdienst des Bundestages nutzen und erhalten alle Flüge erstattet.
Sind diese extrem hohen Ausgaben für jeden Abgeordneten zu vertreten, bei der hohen Verschuldung?
Ist die SPD gegen die Steuersenkung bei den Arbeitnehmern, damit sie weiter diese extremen Vergütung der Abgeordneten beibehalten kann?
Übertreffen die jährlichen Reise kosten der Abgeordneten im Schnitt 100 000 oder 200 000€?

Mit freundlichen Grüßen

E. Humplik

Portrait von Sebastian Edathy
Antwort von
SPD

Rehburg, 2. Juli 2011

Sehr geehrter Herr Humplik,

Ihre Bemühungen ums Nachrechnen waren leider nicht sehr sorgfältig, und leider haben die Moderatoren von abgeordnetenwatch.de auch offenkundig keinen Wert auf Quellenangaben für Ihre Behauptungen gelegt.

Zur Faktenlage:

1) Ich erhalte derzeit eine monatliche (voll zu versteuernde) Aufwandsentschädigung von 7.668 Euro.
2) Statt der von Ihnen behaupteten 8.225 Euro, die ich (zudem angeblich "unversteuert") von meiner Fraktion erhalten soll, erhalte ich von meiner Fraktion tatsächlich 0 Euro. Da gibt´s dann in der Tat auch nichts zu versteuern...
3) Für Bürokosten stehen pro Monat 1.000 Euro zur Verfügung. Dass diese Ausgaben, wie von Ihnen mal eben behauptet, nicht nachgewiesen werden müssen, ist aber falsch! Diese Pauschale wird an mich nicht ausgezahlt, sondern mir ausschließlich anhand eingereichter Rechnungen bis zu dieser finanziellen Obergrenze seitens der Bundestagsverwaltung erstattet! Hierzu gehören u.a. Verbrauchsmaterial (vom Bleistift bis zum Toner für Faxgeräte und Drucker) und mandatsbezogene Telefonrechnungen, zB nicht aber Portokosten oder Mietkosten für die Wahlkreisbüros.
4) Ich erhalte eine steuerfreie Kostenpauschale von monatlich 3.984 Euro. Das sind aber keine Zusatz-Einnahmen, sondern Mittel, mit denen ich u.a. Portokosten begleiche, die Miete für zwei Wahlkreisbüros und meine Unterkunftskosten in Berlin bezahle, meine mandatsbedingten Benzinkosten abdecke und von mir organisierte Veranstaltungen im Wahlkreis realisiere - dh diese Mittel fließen in die Wahrnehmung meiner Arbeit, sie gehören nicht zu meinem Gehalt.
5) Die Mittel für Mitarbeiter (monatlich 14.978 Euro, jährlich 179.736 Euro, also sogar mehr als von Ihnen angegeben) erhalte nicht ich selber. Es handelt sich um Gelder, bis zu deren Obergrenze die Bundestagsverwaltung Arbeitsverträge verwaltet, die ich sozialabgaben- und steuerpflichtig mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterhalte - in Berlin und in meinen zwei Wahlkreisbüros. Bis zur genannten Obergrenze wird dieses Geld an meine Mitarbeiter/innen gezahlt, nicht ausgeschöpfte Mittel verbleiben im Bundeshaushalt.
6) Ich fahre nicht zum Spaß zwischen Wahlkreis und Berlin hin und her, sondern weil ich als Bundestagsabgeordneter zum einen Ansprechpartner der Bürger/innen in meinem Wahlkreis bin und zum anderen der Sitz des Deutschen Bundestages Berlin ist. Mandatsbezogene Auslandsreisen (hierfür sind dem Bundestagspräsidenten vorab detaillierte Programme und anschließende Reiseberichte vorzulegen) sind zudem ebenfalls keine Privatsache. Für die Repräsentanten des einwohnerstärksten Landes Europas mit all seiner internationalen Verflochtenheit wäre es ja wohl auch seltsam, wenn solche Reisen nicht stattfinden würden.

Was kostet also das Gehalt der Bundestagsabgeordneten (übrigens derzeit 620 und nicht 623) den Bundeshaushalt? (Ich gehe mal nicht davon aus, dass Sie dem Gehalt zB des Leiters eines Gymnasiums das Gehalt der Schulsekretärin hinzurechnen würden...)

Derzeit: 620 x 7.668 Euro x 12 = 57,05 Millionen Euro pro Jahr. Macht bei 82 Millionen Einwohnern 70 Cent pro Einwohner pro Jahr.

Sollte uns das die Demokratie wert sein? Ja. Ist das angemessen für Leute, die - wie ich - als direkt gewählte Abgeordnete im Bundestag einen Wahlkreis mit 200.000 Wahlberechtigten vertreten, große Verantwortung für Gesetzgebung und Regierungskontrolle tragen, in Berlin und vor Ort mindestens 60 Stunden in der Woche arbeiten und auch noch an einem Samstagnachmittag polemische Fragen eines Herrn Humplik auf diesem Forum beantworten? Erst recht!

Freundliche Grüße,

Sebastian Edathy, MdB