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Frage von Heike R. •

Frage an Sebastian Edathy von Heike R. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Edathy,
ich möchte ggf. ein Haus ersteigern.
Das bei Gericht vorliegende Gutachten gibt mir kein Recht auf Gewährleistung bei Mängeln oder falschen Angaben. Außerdem hat der zuständige Gutachter keinen Anspruch darauf, das Haus von innen zu sehen. Wenn der verschuldete Besitzer den Zutritt verweigert, muss ein kaltes Gutachten erstellt werden.
Überall besteht ein Recht auf Gewährleistung, weshalb bei uns in Deutschland nicht?
Welche Schritte leitet der Gestzgeber ein, diese, für den Käufer völlig nachteilige Situation, schnellstmöglich abzuändern und endlich Rechststaatlichkeit herzustellen und internationales Recht auch bei uns umzusetzen?

Mit freundlichem Gruß
Heike Rogall

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Sehr geehrte Frau Rogall,

vielen Dank für Ihre Fragen. Da ich mich in die Materie ein wenig einlesen musste, komme ich erst jetzt zu einer Beantwortung.

Ein Gewährleistungsanspruch des Erstehers besteht bei Zwangsversteigerung nicht. Dies ergibt sich aus § 56 Satz 3 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG). Dies gilt sowohl für Sachmängel als auch für Rechtsmängel (z.B. schlechter Zustand, behördliche Baubeschränkungen usw.) und bezieht sich auf das versteigerte Grundstück und die mitversteigerten Gegenstände. Kommt es zu einer Verschlechterung des Versteigerungsobjektes, geht dies zu Lasten des Erstehers, und zwar ohne, dass er das Meistgebot kürzen oder die Versagung bzw. Aufhebung des Zuschlags verlangen kann. Der Ersteher kann auch nicht wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Grundstücks (z.B. Flächenabweichung) anfechten.

Ein Recht auf Gewährleistung gibt es sehr wohl auch in Deutschland, etwa im Kauf- (§ 437 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), Werkvertrags- (§ 634 BGB) oder Mietrecht (§§ 536, 536a BGB). Dass es Gewährleistungsrechte nicht auch im Rahmen der Zwangsversteigerung gibt, hat Gründe und ist insbesondere vor dem Hintergrund der von Ihnen angeführten Rechtsstaatlichkeit unbedenklich.

Anders als in den oben genannten Rechtsgebieten, in denen Gewährleistungsrechte gesetzlich fixiert sind, beruht der Erwerb aus Zwangsversteigerung nicht auf dem Äquivalenzprinzip. Das Äquivalenzprinzip verbietet bei synallagmatischen Verträgen, also
Verträgen die auf eine Leistung und eine Gegenleistung beruhen, dass es zu einer grundlegenden Störung des Gleichgewichts der vertraglichen Rechte und Leistungen kommt. Einfach gesagt müssen nach diesem Äquivalenzprinzip Ware und Wert grundsätzlich in angemessenem Verhältnis stehen.

Im Kaufrecht kann der Verkäufer dafür, dass er im Falle von Mängeln gesetzlich zur Gewährleistung verpflichtet ist, etwaige Gewährleistungsansprüche in den Kaufpreis einkalkulieren. Eben dies geht bei der Zwangsversteigerung nicht. Diese erfolgt nämlich losgelöst vom angemessenen Verhältnis von Ware und Wert. Hierbei werden beim ersten
Versteigerungstermin als Mindestangebot nur 70 % des ermittelten Wertes der Sache/des Grundstücks angesetzt. Erfolgt kein Gebot, so liegt im zweiten Versteigerungstermin das Mindestangebot sogar nur bei 50 % des ermittelten Wertes. Dafür, dass der Erwerber ein Objekt weit unter Wert erhält, ist es auch gerechtfertigt, ihm keine Gewährleistungsrechte
einzuräumen. Er trägt dabei ein hohes Risiko, da er oft auch Objekte nicht besichtigen kann. Dennoch weiß er, worauf er sich einlässt, wenn er sich in die wirtschaftliche Sondersituation der Versteigerung begibt. Auch aus Sicht des Veräußerers lässt sich zu keiner anderen Wertung kommen. Sein Interesse eine Sache/Grundstück zu 70% oder nur 50% des Wertes zu veräußern, liegt darin, mittels der Versteigerung die Sache/Grundstück schnellstmöglich zu veräußern, um an liquide Mittel zu kommen. Gleichzeitig möchte er nicht mehr mit der Sache in Berührung kommen. Also gerade nicht für Gewährleistungsansprüche einstehen.

Vor diesem Hintergrund, dass der Erwerber bei einer Zwangsversteigerung ein Gut weit unter Wert erwirbt, ist es gerechtfertigt, dass der Erwerber keine Gewährleistungsansprüche geltend machen kann.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB