Frage an Sebastian Edathy von Gerhard R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Edathy,
auf
US-Zwischenbilanz: Taliban erstarken in Afghanistans Norden ...
16. Dez. 2010 ... Laut einem US-Bericht ist der Vormarsch der Taliban in Afghanistan gestoppt. Doch im Einsatzgebiet der Bundeswehr gewinnen die Islamisten an ...
www.zeit.de/politik/ausland/2010-12/afghanistan-bericht-usa
wird hingewiesen.
Trifft es zu, daß ein militärischer Sieg über die Taliban nicht möglich ist?
Falls ja: Können deshalb auch andere Ziele nicht erreicht werden?
Al-Kaida gibt es jetzt bekanntlich auch im Jemen. Werden deshalb auch in diesen Staat NATO-Truppen - also auch deutsche Soldaten - einmarschieren?
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth
Berlin, 6. Januar 2011
Sehr geehrter Herr Reth,
für Ihre Fragen bedanke ich mich.
Seit Anfang 2002 ist Deutschland im Rahmen internationaler Missionen und auf der Grundlage von Beschlüssen des UN-Sicherheitsrates in Afghanistan engagiert. Über viele Jahre hat die SPD in unterschiedlichen Regierungsbündnissen Verantwortung für das deutsche Afghanistan-Engagement getragen. Es ist jedoch nicht Ziel der deutschen Afghanistan-Strategie, einen militärischen Sieg über die Taliban zu erringen, sondern das Land beim zivilen Aufbau maßgeblich zu unterstützen, so dass eine Rückübernahme der Macht durch die Taliban unmöglich wird.
In Afghanistan herrscht nach wie vor eine extrem angespannte Sicherheitslage. Die Zahl der sogenannten „sicherheitsrelevanten Zwischenfälle“ ist 2010 im Vergleich zum Vorjahr deutlich höher ausgefallen, was sicher auch auf die vorübergehende Aufstockung der ISAF-Truppen auf insgesamt 140.000 Soldaten zurückzuführen ist - zum Zweck, die Taliban und andere Aufständische zurückzudrängen. Dies scheint, so auch in der US-Zwischenbilanz erwähnt, in den vergangenen Monaten zum Teil gelungen zu sein. Allerdings kommt es nun darauf an, diese teilweisen Erfolge durch politische und wirtschaftliche Maßnahmen abzusichern, so dass die Bevölkerung Vertrauen in die Nachhaltigkeit dieser Entwicklung bekommt. Nur dann wird der eingeschlagene Weg am Ende auch erfolgreich sein. Der Erfolg hängt auch davon ab, ob die afghanische Armee bzw. die afghanische Polizei zahlenmäßig und qualitativ in der Lage ist, für Sicherheit in den betroffenen Gebieten zu sorgen.
Über das mittelfristige Ziel, den militärischen Kampfeinsatz in einem überschaubaren Zeitraum bis zum Jahr 2014 zum Ende zu führen und alle erforderlichen Mittel und Instrumente zu aktivieren, um dies zu erreichen, herrscht inzwischen international Konsens. Es besteht eine realistische Chance, den seit neun Jahren andauernden Einsatz der Bundeswehr auf verantwortliche Weise und in Abstimmung mit den internationalen Partnern in absehbarer Zeit zu beenden. Das militärische Engagement muss schrittweise in den Hintergrund rücken, der Wiederaufbau, die wirtschaftliche Entwicklung und eine nachhaltige politische Regelung des Konfliktes müssen noch stärker in den Mittelpunkt der internationalen Bemühungen gestellt werden und die gewählte afghanische Regierung muss hier ihrer politischen Verantwortung gerecht werden. Das sind die Kernpunkte des deutschen Einsatzes in Afghanistan.
Ein Einsatz im Jemen ist nicht vorgesehen.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB