Frage an Sebastian Edathy von Manuel S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Edathy,
wo bleibt die Demokratie in Europa?
In Irland gab es zum Lissabon-Vertrag ein Referendum. Dieses wurde abgelehnt. Ich finde, dass wenn ein Volk zu einer Abstimmung gerufen wird und anschließend mit „Nein“ abstimmt, so eine Entscheidung angenommen werden sollte. Stattdessen ändert man den Namen des Vertrags in EU-Reformvertrag um und lässt einfach noch einmal abstimmen. Bei einer Klassensprecherwahl wird schließlich auch nicht zwei Mal abgestimmt, nur weil dem Lehrer das Ergebnis nicht gefällt.
Zu meinem großen Entsetzten musste ich nun lesen, dass Österreich erst beim dritten Versuch den Anbau von gentechnisch verändertem Mais im eigenen Land verhindern konnte. Gegner war wieder die EU / EU-Kommision.
Wo bleibt die Demokratie, wenn man ständig versucht sich über Entscheidungen hinwegzusetzen?
Mit freundlichen Grüßen
Manuel Stein
Rehburg, 28.03.2010
Sehr geehrter Herr Stein,
vielen Dank für Ihre Fragen nach direkter Demokratie in Europa.
Einerseits ist die Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger an die Europäische Union (EU) gestiegen: sie wünschen sich ein Handeln der EU in vielen Politikbereichen wie zum Beispiel dem Klimaschutz oder der Sozialpolitik. Andererseits ist das tatsächliche Interesse für die Politik der EU noch nicht ausreichend ausgeprägt. Die Notwendigkeit europäischen Handelns erschließt sich schon allein aus der Tatsache, dass der Nationalstaat klassischer Prägung in wichtigen Politikbereichen alleine zunehmend nicht mehr in der Lage ist, wahrzunehmende Gestaltungsaufgaben befriedigend zu erfüllen.
Mit dem Vertrag von Lissabon wird die demokratische Rückkoppelung sowohl durch die Stärkung des Europäischen Parlaments als auch durch die Stärkung der nationalen Parlamente ausgeweitet. Jedoch bleibt bei der überwältigenden Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger nach wie vor der Eindruck des fehlenden Einflusses auf europäische Interessenartikulation und europäische Politikprozesse bestehen.
Direktdemokratische Elemente tragen grundsätzlich zu einer Verbesserung der Legitimation politischer Interessenvertretung bei. Deshalb wurde dieses Instrument in der öffentlichen Diskussion um den Vertrag von Lissabon von der Politik auch immer wieder als wichtiges Mittel für mehr Bürgerbeteiligung angeführt. Das widerspricht ihrer Darstellung, direkte Demokratie sei nur Mittel zum Zweck, um von der Politik „gewünschte“ Ergebnisse zu erzielen. Es ist auch nicht so, dass nach dem irischen Votum der Lissabon-Vertrag unverändert geblieben wäre.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB