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Sebastian Edathy
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Frage von Ines P. •

Frage an Sebastian Edathy von Ines P. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Edathy,

wie können Sie es mit Ihrem Gewissen vereinbaren, dass nach Ihrer Amtsperiode die Schulden des Bundes weiter angestiegen sind? Meinen Sie, dass die Schuldenbremse wirklich ausreichend ist, um die Verschuldung der nächsten Generation zu stoppen?

Wie stehen Sie zu den Kredit- und Bürgschaftsvergaben an Opel und Quelle?

Mit freundlichen Grüßen
Inés Peters

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Peters,

vielen Dank für Ihre Fragen vom 30. Juni 2009 zum Thema Finanzen.

Ich kann gut nachvollziehen, dass Sie die steigende Verschuldung der öffentlichen Hand kritisch sehen. Auch ich halte es für wichtig, dass die Staatsverschuldung mittelfristig verringert wird, damit wir nachkommenden Generationen nicht ihrer finanziellen Spielräume berauben. In der jetzigen Situation ist es dennoch richtig, dass der Staat Konjunkturpakete auflegt, um den Einbruch in der Wirtschaft abzufedern sowie Unternehmen zu retten, die an sich gesund und nur durch die Krise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind. Jedoch müssen alle staatlichen Investitionen in jedem Einzelfall genauestens geprüft werden. Der staatliche Wille, Arbeitsplätze zu sichern ist aber wichtig und richtig Insbesondere bleiben dadurch nicht zuletzt erhebliche Belastungen für die Sozialversicherungen und den Bundeshaushalt erspart.
Auch und gerade wegen der von Ihnen angesprochenen Generationengerechtigkeit ist es notwendig, die hohe Staatsverschuldung einzudämmen. Die Aufnahme der so genannten Schuldenbremse ins Grundgesetz wird Bund und Länder mehr als bisher zu strikter Haushaltsdisziplin anhalten, zumal ein Stabilitätsrat geschaffen wird dem die Aufgabe zukommt, die neue Schuldenpolitik zu überwachen. Mit der Schuldenbremse wurde ein Instrument geschaffen wird, mit dem die staatliche Haushaltspolitik wieder zurück auf einen soliden, finanziell zumutbaren Weg geführt wird.
Das am 29. Mai 2009 vom Deutschen Bundestag und am 12. Juni 2009 vom Bundesrat verabschiedete Gesetzespaket, das unter anderem die Schuldenbremse beinhaltet, basiert auf den Empfehlungen der Föderalismuskommission II, die diese am 5. März 2009 vorgelegt hat. Wichtigste Aufgabe dieser Reform ist die nachhaltige Konsolidierung der Staatsfinanzen. Es gilt, die Weichen richtig zu stellen, auch mit Blick auf das Auslaufen des Länderfinanzausgleichs und des Solidarpakts II im Jahr 2019. Das Reformpaket weist einen Weg aus der Schuldenspirale, indem es die Haushaltspolitik am Nachhaltigkeitsgedanken ausrichtet. Nur ein finanziell solider Staat kann Innovation und Wachstum fördern und bleibt auch in schwierigen Zeiten handlungsfähig.
Zum Hintergrund möchte ich Ihnen nachfolgend die neuen Schuldenregeln, die sich an den Vorgaben des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts („Maastricht-Regeln“) orientieren, aufzeigen. Sie unterscheiden daher insbesondere die strukturelle und die konjunkturelle Situation der einzelnen Haushalte. Die neue Schuldenregel für den Bund und die Rahmenregel für Bund und Länder tritt zum 1. Januar 2011 in Kraft.

Strukturelle Komponente
Dem Bund wird ab dem Jahr 2016 eine jährliche Neuverschuldung in Höhe von maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erlaubt. In konjunktureller Normallage sind dies jährlich rund 8,5 Milliarden Euro statt derzeit etwa 25 Milliarden Euro. Ab 2011 baut der Bund das strukturelle Defizit in gleichmäßigen Schritten stufenweise bis 2016 auf 0,35 Prozent des BIP ab. Für die Länder gilt ab 2020 eine strukturelle Nullverschuldung. Beginnend mit dem Haushaltsjahr 2011 bauen die Länder stufenweise die Neuverschuldung auf 0,0 Prozent des BIP in 2020 ab. Ein konkreter Pfad wird den Ländern dabei nicht vorgegeben; die Übergangsphase bis zur Zielerreichung wird einer entsprechenden Gestaltung durch die Länder überlassen.

Konjunkturelle Komponente
Hier gilt das „3-Prozent-Kriterium“ (Maastricht). Konjunkturbedingt können Bund und Länder sich weiterhin verschulden (3 Prozent wären derzeit ca. 50 Milliarden Euro). Diese Schulden, die der Staat in schlechten Zeiten machen darf, müssen aber in guten Zeiten zurückgeführt werden.

Ausnahmeregelung in Notsituationen
Mit Kanzlermehrheit kann der Deutsche Bundestag in Notfällen wie
Naturkatastrophen oder tiefen Rezessionen eine höhere Verschuldung
beschließen, und zwar in unbeschränkter Höhe. Das geschieht im Moment
mit den beiden Konjunkturpaketen zur Abwehr der Finanz- und
Wirtschaftskrise. Allerdings müssen die aufgenommenen Schulden in
angemessener Frist zurückgeführt werden.

Konsolidierungshilfen für die finanzschwächsten Länder Solidarische Konsolidierungshilfen ermöglichen den Ländern in schwieriger Haushaltslage den Einstieg in die neuen Regelungen. Sie erhalten insgesamt 7,2 Milliarden Euro (Berlin, Bremen, Schleswig-Holstein, Saarland und Sachsen-Anhalt). Für neun Jahre sind das 800 Millionen Euro pro Jahr. Der Stabilitätsrat der Finanzminister von Bund und Ländern wird ein haushalts- und finanzpolitisches Frühwarnsystem einrichten (Artikel 109a Grundgesetz).

Mit freundlichen Grüßen

Sebastian Edathy, MdB