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Sebastian Edathy
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Frage von Matthias H. •

Frage an Sebastian Edathy von Matthias H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Edathy,

am 25. Mai schrieben Sie hier:
"Dennoch empfinde ich es als empörend, wenn Sie der Meinung sind, dass eine Internetsperre, die das legitime Ziel hat, Kinderpornographie im Internet zu bekämpfen, schlimmer sei als eine Bücherverbrennung oder eine Zwangsschließung von Zeitungen."
Ich kann Ihre Empörung nachvollziehen und würde selber "die Internetsperre" (also Drucksache 16/12850) auch anders einordnen.
Aus diesem Zitat lese ich auch heraus, dass Sie "die Internetsperre" für eine legitime und wirksame Maßnahme halten. Neuere Äußerungen von Ihnen zu diesem Thema konnte ich hier nicht finden.

In der Zwischenzeit haben sich einige neue Informationen ergeben, unter anderem die öffentliche Experten-Anhörung im Wirtschaftsausschuss (27.5.) und die Drucksache 16/13245 in der Staatssekretär Dr. Pfaffenbach auf eine kleine Anfrage zum Thema antwortet (11.6.).

Spätestens beim letztgenannten Dokument wird m.M.n. klar, dass der Gesetzentwurf die versprochenen Ziele nicht erfüllen kann. (Z.B. zu Frage 12: Von 119 überprüften Einträgen auf der dänischen Sperrliste sind nach Auffassung des BKA 0 (Null) nach deutschem Recht strafwürdig)

Daher ist meine Frage an Sie, wie Ihre Position zum Gesetzentwurf ist, im Lichte dieser neuen Informationen? Wie werden Sie am 18.6. abstimmen, bzw. welche Änderungen am Entwurf schweben Ihnen vor?

Vielen Dank für Ihre Bemühungen!

Mit freundlichen Grüßen,

Matthias Henkelmann

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Antwort von
SPD

Berlin, 15. Juni 2009

Sehr geehrter Herr Henkelmann,
vielen Dank für Ihre Fragen vom 12. Juni 2009 zum Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen (Bundestags-Drucksache 16/12580).

Ich habe zu dieser Thematik bereits mehrfach in diesem Forum Stellung bezogen und möchte mich nicht wiederholen. Einen umfassenden Überblick über meine Einschätzung, meine Änderungsforderungen und die von mir vertretene Argumentation finden Sie -- neben der Ihnen bereits bekannten Antwort vom 25. Mai 2009 -- in meiner Antwort in diesem Forum vom 11. Juni 2009 an Herrn Baier, die Sie unter http://www.abgeordnetenwatch.de/sebastian_edathy-650-5810--f193551.html#q193551 einsehen können.

Darüber hinaus zitiere ich nachfolgend einen Beschluss des SPD-Parteivorstandes vom 13. Juni 2009, dem ich mich inhaltlich anschließe:

"Bekämpfung von Kinderpornografie im Internet muss effizient geführt werden und rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen: Löschen vor Sperren

Die SPD tritt mit allem Nachdruck für die Bekämpfung der Kinderpornografie ein. Wir werden alle rechtsstaatlichen Mittel nutzen, um einen effektiven Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung zu gewährleisten. Deshalb wollen wir keine Scheinlösungen, die nur verdecken und den kriminellen Produzenten und Vertreibern das Weitermachen ermöglichen. Darüber hinaus haben wir in den vergangenen Jahren bereits das Herstellen, die Verbreitung und den Besitz von Kinderpornografie lückenlos unter Strafe gestellt. Die SPD-Bundestagsfraktion hat darüber hinaus mit einem Anfang Mai beschlossenen Zehn-Punkte-Plan ein umfassendes Konzept mit konkreten Maßnahmen vorgelegt, das wir begrüßen und unterstützen.

Verstärkter Anstrengungen bedarf es im Internet. Dort können rechtswidrige Inhalte besonders schnell verbreitet und anonym sowie ohne soziale Kontrolle abgerufen werden. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Auch hier muss rechtswidriges Verhalten strafrechtlich und zivilrechtlich verfolgt werden. Deswegen müssen Strafverfolgungsbehörden dauerhaft personell und technisch gut ausgestattet werden. Gerade hier gibt es erheblichen Verbesserungsbedarf.

Dabei gilt es, das Internet als Raum der Kommunikation, der Diskussion und des Wissens zu erhalten und zu schützen. Das Internet stärkt die Entfaltungsmöglichkeiten jedes einzelnen von uns ebenso wie die weltweite Entwicklung demokratischer Inhalte. Wir kämpfen auf internationaler Ebene gegen die Zensur des Internets und wollen sie auch nicht in Deutschland.

Konsequente Maßnahmen gegen die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte im Internet auf einer soliden rechtsstaatlichen Grundlage sind möglich und nötig. Vor diesem Hintergrund lehnen wir die von Familienministerin von der Leyen initiierten Provider-Verträge ab, weil sie zu Sperrungen ohne hinreichenden Grundrechtsschutz führen würden. Sie erfassen überdies nicht die kriminellen Produzenten von kinderpornografischen Inhalten. Hier brauchen wir eine umfassende kriminalpolitische Strategie, die schon vor dem Internet ansetzt. Dabei sollen auf der Grundlage der britischen Erfahrungen rechtliche Grundlagen geschaffen werden, die Finanzströme bei der Vermarktung von Kinderpornografie zu kappen.

Der Kampf gegen kinderpornografische Inhalte im Internet wird umso erfolgreicher, wenn es gelingt, gemeinsam dagegen vorzugehen. Deshalb sollten Vertreter aus der Netz-Community stärker eingebunden werden. Die SPD nimmt die Bedenken und praktischen Anregungen aus der Netz-Community auf.

Wir wollen durch eine gesetzliche Regelung Kinderpornographie bekämpfen, Internetnutzer schützen, rechtsstaatliche Grundsätze sichern und ein transparentes Verfahren ermöglichen. Der derzeit im Deutschen Bundestag zu beratende Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen muss erheblich verbessert werden.

Nötig sind folgende Änderungen:

1. Verankerung des Subsidiaritätsprinzips: Löschen vor Sperren
Das BKA muss bei Internet-Seiten mit kinderpornografischen Inhalten verpflichtet werden, zunächst die Dienstanbieter zu kontaktieren, damit die Seiten gelöscht werden. Erst wenn das erfolglos bleibt, wenn der Provider beispielsweise seinen Sitz im Ausland hat und die dort zuständigen Behörden nicht unmittelbar dagegen vorgehen, soll die Seite auf eine Sperrliste gesetzt werden dürfen. Es muss im Grundsatz immer löschen vor sperren durchgesetzt werden.

2. Kontrolle der BKA-Liste
Es soll ein unabhängiges Gremium auch unter Einbeziehung der Datenschutzbeauftragten eingerichtet werden, das die BKA-Liste und die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips jederzeit kontrollieren und korrigieren kann. Die Rechtsschutzmöglichkeiten Betroffener sind zu gewährleisten.

3. Datenschutz
Das Gesetzesvorhaben dient ausschließlich der Prävention. Es darf nicht als Anlass dafür dienen, das Surfverhalten sämtlicher Nutzer zu überwachen oder zu protokollieren. Es ist klarzustellen, dass die auf der geplanten Stopp-Seite anfallenden Daten nicht der Vorratsdatenspeicherung unterliegen und daher nicht zu anderen Zwecken genutzt werden können. Damit ist auch ausgeschlossen, dass sich durch Spam-Mails fehlgelenkte Nutzer/innen einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt oder die Daten zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche genutzt werden können.

4. Spezialgesetzliche Regelung mit Befristung
Zur eindeutigen Klarstellung, dass nur eine Sperrung von Internet-Seiten mit Kinderpornografie beabsichtigt ist, nicht jedoch von anderen Inhalten, ist ein Spezialgesetz statt der bislang vorgesehenen Regelung im Telemediengesetz unabdingbar. Außerdem soll das Gesetz auf drei Jahre befristet werden, um nach der vorgesehene Evaluation endgültig zu entscheiden.

Wir fordern die SPD-Bundestagsfraktion auf, bei den Verhandlungen mit der Union konsequent die entsprechenden Änderungen im Gesetzentwurf durchzusetzen."

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB