Frage an Sebastian Edathy von Ralf W. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Edathy,
Ihre Antwort auf die Frage von Herrn Scharzer finde ich lesenswert. Ich bemerkte, daß Sie sich informiert haben und nicht einfach momentan gern genutze Phrasen wiederholt haben.
Die SPD hat jedoch in einer Presseerklärung sich klar gegen einen privaten Besitz von Großkaliberwaffen ausgesprochen. Als Mediziner wird mir jeden Tag verantwortungsvolles Handeln für die Gesundheit vieler Menschen abverlangt. Gerne erfülle ich diese Erwartung. Auf der anderen Seite soll mir verantwortungsvolles Handeln beim Umgang mit einer Waffe abgesprochen werden. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen.
Warum wird in der SPD momentan nur eine Akionismusgesetzgebung vorangetrieben? Warum sollen 2,5 Millionen Menschen für die Taten von Einzeltätern büßen? Dies passiert in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens nicht.
Es wird immer wieder betont, daß Waffenrecht in Deutschland sei das schärfste in Deutschland. Aber trotzdem kommt es zu solchen Taten wie Winnenden. Diese werden auch durch ein Totalverbot von Waffen nicht auszuschließen sein. In Ländern wie England stieg die Kriminalitätsrate mit Schußwaffen nach einem Verbot von Kurzwaffen in Privathand massiv an. Umgekehrt sind in Ländern wie der Schweiz oder Österreich die kriminellen Delikte deutlich seltener, obwohl sie ein sehr liberales Waffenrecht haben.
Warum wird hier von der SPD eine Verschärfung gefordert, die mit Statistiken des Bundeskriminalamts in Widerspruch liegt?
Vielen Dank für Ihre Antwort im Voraus.
Hochachtungsvoll,
Dr. Weißgerber
Rehburg, 29. April 2009
Sehr geehrter Herr Weißgerber,
ich bedanke mich für Ihre Fragen zum Thema Waffenrecht vom 28. April 2009.
Ich will an dieser Stelle meine bereits mehrfach in diesem Forum geäußerten Ansichten nicht wiederholen, Sie können das alles nachlesen.
Erlauben Sie mir zwei Vorbemerkungen und eine konkrete Äußerung:
Vorbemerkung 1: Demokratie ist die bestmögliche Staatsform. Sie zeichnet sich u.a.dadurch aus, dass nicht einer entscheidet, sondern viele entscheiden. Das Ringen um den richtigen Weg ist eines ihrer Wesensmerkmale. Das schließt ein, dass man als Bürger und Abgeordneter mit seiner eigenen Position nicht notwendigerweise andere überzeugt. Aber man muss es zumindest versuchen, wenn man der Auffassung ist, dass die eigene Position richtig ist. Sie können davon ausgehen, dass ich dies tue.
Vorbemerkung 2: Eine "Aktionismusgesetzgebung" wird es nicht geben. Zur Zeit finden zwischen den Koalitionsfraktionen Gespräche darüber statt, ob und an welcher Stelle das Waffenrecht überarbeitet werden sollte. Ich gehe davon aus, dass dabei Augenmaß an den Tag gelegt wird und die Verhältnismäßigkeit möglicher Maßnahmen ein zentrales Kriterium sein muss.
Konkrete Bemerkung: Es gibt in der Tat einen Vorschlag, die Verwendung großkalibriger Waffen für den Bereich des Schützensportes generell zu untersagen. Ich sehe das kritisch. Der niedersächsische Innenminister hat sich mit den Schützensport-Verbänden seines Bundeslandes darauf verständigt, dass im Rahmen einer freiwilligen Vereinbarung die Ausbildung an großkalibrigen Waffen künftig erst ab dem 18. Lebensjahr erfolgen soll. Man kann sicherlich darüber sprechen, ob dies ein Modell für eine bundesweite Regelung sein kann. Hintergrund ist der, dass das Verwenden einer großkalibrigen Waffe für Straftaten einer gewissen Übung bedarf. Angesichts des Amoklaufes in Baden-Württemberg gibt es daher etliche Bundestagskollegen, die ausschließen möchten, dass eine solche Übungsmöglichkeit für Minderjährige legal besteht. Das Schießen mit großkalibrigen Waffen ist zudem keine olympische Disziplin, was das potenzielle Gegenargument der Verhinderung einer Nachwuchsgewinnung für internationale Wettbewerbe gegenstandslos macht.
Gegenüber einem generellen Verbot des Verwendens großkalibriger Waffen im Bereich des Schützensportes durch Erwachsene bin ich allerdings kritisch eingestellt, weil damit a) der Eindruck erweckt werden würde, Sportschützen seien potenziell unverantwortlich Handelnde (was nachweislich nicht der Fall ist) und b) der Öffentlichkeit vermittelt würde, dass es gefährliche und ungefährliche Schusswaffen gäbe, was Unsinn ist. Auch mit einer kleinkalibrigen Waffe kann Schaden und Tod herbeigeführt werden. Der entscheidende Punkt ist, dass Legalwaffen sich in der Hand von berechtigten und qualifizierten Personen (insbesondere Jäger und Sportschützen) befinden müssen und die gesetzlichen Bedingungen für deren Aufbewahrung strikt einzuhalten sind.
Ich kann Ihnen redlicherweise heute nicht sagen, welches Ende die aktuelle Diskussion nehmen wird. Was ich Ihnen zusagen kann, ist, dass ich mich dafür einsetzen werde, dass bei einer evtl. Novellierung des Waffenrechtes maßvoll und zielführend gehandelt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB