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Saskia Esken
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Frage von Doris B. •

Frage an Saskia Esken von Doris B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Liebe Saskia,

die geplante Impfpflicht irritiert mich sehr, da es dabei um tiefe Eingriffe in zentrale Grundrechte unserer Verfassung geht, wie z. B. das Recht auf körperliche Unversehrtheit und um das Recht der Eltern, die Erziehung und Pflege ihrer Kinder selbst zu bestimmen.

Es kann nicht sein, dass uns Eltern die Politik vorschreibt, wie wir unser Kind impfen lassen, weil uns sonst hohe Strafen drohen.

Die Impfentscheidung für unsere Kinder muss unsere Entscheidung bleiben - wir haben sie nach langer Überlegung verantwortungsvoll getroffen.

Zwang ist beim Impfen der falsche Weg - Deutschland braucht keine Impfpflicht!

Ich bin für die individuelle Impfentscheidung. Der Gesundheitszustand eines jedes Kindes ist sehr unterschiedlich, darauf muss unbedingt Rücksicht genommen werden. Viele schwere Impfschäden bei der MMR-Impfung sind nach einer Erkrankung des Kindes und Antibiotika-Gaben entstanden.

Die fachlichen Argumente der Ärzte für individuelle Impfentscheidung kennst Du sicherlich. Ich habe Sie Dir vorsichtshalber verlinkt: https://www.individuelle-impfentscheidung.de/pdfs/Masernschutzgesetz%20-%20Stellungnahme%20Kabinettsentwurf.pdf

Mich interessierte deine Meinung dazu. Und ob Du es richtig findest, dass Eltern in einer Demokratie gezwungen werden können, ihr Kind gegen Kinderkrankheiten zu impfen? Meine Ärztin klärte mich über Masern auf, es sei eine Kinderkrankheit, die harmlos verläuft solange man nicht mit fiebersenkenden Mittel dagegen arbeitet. Außerdem bietet die Homöopathie eine wunderbare Hilfe.

Liebe Grüße aus deiner früheren Heimat
Doris

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Antwort von
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Liebe Doris,

ich muss vorausschicken, dass ich beim Thema "Impfen" persönlich vorbelastet bin: Als Kind habe ich durch eine Hirnhautentzündung als Komplikation einer Mumpserkrankung den linken Gehörnerv verloren und höre seither nur noch mit einem Ohr. Mit einer Impfung gegen Mumps (die es damals noch nicht gab) hätte meine Behinderung verhindert werden können.

Andererseits sind verpflichtende Impfungen ja keineswegs etwas Neues. So gab es bis Mitte der 1970er Jahre eine allgemeine Impfpflicht gegen Pocken in Europa – auch ich wurde damals als Kind geimpft. Das wirkte, die Pocken konnten in Europa eliminiert werden. Das wollen wir auch mit den Masern erreichen.

Denn eine Masernerkrankung ist keine harmlose Kinderkrankheit. Masern rufen eine erhebliche Schwächung des Immunsystems hervor, können schwerwiegende Folgeinfektionen mit sich bringen und im schlimmsten Fall zum Tode führen. Solche gefährlichen Virus-Erkrankungen können durch umfassende Impfungen vollständig besiegt werden. Bei Polio – auch so ein Schrecken der Vergangenheit – waren wir diesem Ziel sogar weltweit nahe, bis der Syrien-Krieg wieder zu herben Rückschlägen geführt hat.

Impfungen können auch unerwünschte Nebenwirkungen haben – da hast Du Recht. Besonders für sehr junge Kinder, Kranke und immungeschwächte jeden Alters sowie alte Menschen ist das Impfrisiko zu hoch. Gerade diese Menschen sind deshalb auf hohe Impfquoten in ihrer Umgebung angewiesen. Masern gehören zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten, bereits einige Tage vor Auftreten der Erkrankung ist die Infektion hoch ansteckend. Da wo Menschen täglich in engen Kontakt miteinander kommen, in der Kita, bei der Tagesmutter, in der Schule oder der Flüchtlingseinrichtung, sollen möglichst alle vor einer Masernansteckung geschützt werden. Deshalb diskutieren wir für diese Einrichtungen über eine Impfpflicht.

Wir haben uns in der Vergangenheit darauf konzentriert, die freiwillige Impfentscheidung durch mehr Aufklärung und den Ausbau der Vorsorgeuntersuchungen und der ärztlichen Impfberatung zu fördern. Leider nicht mit anhaltendem Erfolg: Zwar haben 97,1 Prozent der Schulanfänger die erste Impfung bekommen. Aber bei der entscheidenden zweiten Masernimpfung gibt es große regionale Unterschiede, so dass auf Bundesebene die gewünschte Impfquote von 95 Prozent noch immer nicht erreicht wird. Erst mit dieser Quote kann die sogenannte „Herdenimmunität“ erreicht werden. Eine gesetzliche Impfpflicht hat daher auch die SPD als letztes Mittel keineswegs ausgeschlossen.

Natürlich sind das Selbstbestimmungsrecht und die körperliche Unversehrtheit wichtige Güter, die mit dem Schutz der Allgemeinheit vor einer ansteckenden Krankheit und dem Wohlergehen aller gewissenhaft abgewogen werden müssen. Das werden wir in den anstehenden Debatten im Bundestag sorgfältig tun. Der Bundestag hat seine parlamentarischen Beratungen heute mit der ersten Lesung zum Entwurf eines Masernschutzgesetzes aufgenommen und wird sich nun intensiv mit den vorgesehen Regelungen und den von Dir angesprochenen Fragen auseinandersetzen.

Meine Fraktion wird sich dabei auch mit der aktuellen Stellungnahme des Deutschen Ethikrates auseinandersetzen und die mit der Regelung verbundenen verfassungsrechtlichen Fragen beraten. Unser Ziel ist es, bei der Bekämpfung von Masern in Deutschland einen deutlichen Schritt voranzukommen.

Mit freundlichen Grüßen aus Berlin
Deine Saskia Esken, MdB

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