Frage an Saskia Esken von Anja E. bezüglich Energie
Ich wende mich an Sie, als Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion, weil
ich mir ernsthafte Sorgen zum „Kohleausstiegsgesetz“ der Bundesregierung mache.
Ich befürchte, dass es in der Hektik des Politikbetriebes untergegangen ist, welche überaus bedenklichen Absprachen zwischen
Bundesregierung und den „Kohleländern“ Eingang in den Gesetzentwurf zum Kohleausstieg gefunden haben.
In Artikel 42 Absatz 2 Ziffer 2 des Gesetzentwurfs wird „die endgültige Stilllegung von den in Anlage 2 genannten Braunkohleanlagen zu den in Anlage 2 genannten Stilllegungszeitpunkten“ in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag gefordert. Mit diesem Passus wird die Zukunft für die
nächsten 18 Jahre festgezurrt, obwohl die Braunkohleverstromung bereits heute nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden kann.
Artikel 42 Absatz 2 Ziffer 7 sieht eine „Feststellung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit des Tagebaus Garzweiler inklusive des 3. Umsiedlungsabschnitts in den Grenzen der Leitentscheidung … vom 5. Juli 2016“ vor.
Namhafte Stimmen der Fachwelt (z. B. DIW Berlin - Politikberatung kompakt 132 / 2019) gehen davon aus , dass diese Aussage, welcher hier per „Feststellung“ Gesetzeskraft verliehen werden soll, bereits jetzt unzutreffend ist.
Dass hier überhaupt eine „Feststellung“ getroffen werden soll, ergibt nur dann Sinn, wenn die betreffende Aussage gerade nicht wahr ist.
Es ist zudem unseriös, im Jahr 2020 eine „Feststellung“ für vermeintliche energiewirtschaftliche Notwendigkeiten des Jahres 2038 treffen zu wollen.
Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang die Entstehungsgeschichte der Klausel § 42 Abs, 2 Nr. 7: Sie ist Teil dessen, was als Ergebnis der Bund-Länder-Einigung vom 15. Januar verkündet wurde.
Der Satz ist allerdings von solcher Tragweite, und mit solcher Präzision gesetzt, dass es den Anschein erweckt, er sei von langer Hand vorbereitet gewesen, und zwar unter Beteiligung (oder auf Betreiben) von RWE.
Diese Regelungen laufen dem Gesetzestitel und -zweck diametral zuwider: Es geht offensichtlich nicht um einen „Kohleausstieg“, sondern umgekehrt um künstliche Festschreibung eines schon heute so nicht mehr vorhandenen Bedarfs für weitere 18 Jahre.
Die „Feststellung“ bewirkt, dass der gesamte Kohlevorrat im Tagebaubereich Garzweiler II, welcher für die Verstromung bis zum Jahr 2045 vorgesehen war, dem Unternehmen RWE ungeachtet des Kohleausstiegs 2038 vollumfänglich zusteht. Sie bewirkt zudem, dass auch jegliche rechtliche Einwendung dagegen in Zukunft ausgeschlossen bleibt.
- Warum soll die BRD in das Risiko eines öffentlich-rechtlichen Vertrages einsteigen und sich für 18 Jahre ohne Ausstiegsmöglichkeit festlegen?
- Wie rechtfertigen Sie, dass sich der Staat jeglicher weiteren politischen Einflussnahme und Gestaltung in so einem zukunftsrelevanten Bereich enthalten will und diese Enthaltung zu Gunsten eines einzelnen Unternehmens sogar unumstößlich festschreibt?
Ich bin der Meinung, dass die SPD gegen diesen Gesetzentwurf stimmen muss!
Sehr geehrte Frau Ehrecke ,
herzlichen Dank für Ihre Frage.
Ihrer Anfrage entnehme ich, dass Sie mich als Vorsitzende der SPD anschreiben. Auf Abgeordnetenwatch beantworte ich jedoch ausschließlich Anliegen von Bürgerinnen und Bürger, die sich an mich als Bundestagsabgeordnete richten. Aufgrund der Regeln zur Parteienfinanzierung muss ich mein Amt als SPD-Parteivorsitzende und das Mandat als Bundestagsabgeordnete streng auseinanderhalten.
Daher würde ich Sie bitten, Fragen und Hinweise zu meiner Arbeit als SPD-Parteivorsitzende an saskia.esken@spd.de zu richten.
Freundliche Grüße
Saskia Esken