Frage an Sarah Ryglewski von Friederike B. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrte Frau R.,
mich interessiert, wie Sie zu den Forderungen der Autoindustrie nach Kaufprämien stehen. Viele Menschen sind durch die Corona-Krise in ihrer Existenz bedroht, das Ausmaß ist noch nicht vollständig absehbar. Die Autoindustrie tritt aber schon wieder sehr unverfroren auf und fordert ein Weiter-so ungeachtet der dringend notwendigen Veränderungen in der Verkehrspolitik, die wegen des Klimawandels unausweichlich sind. Sehen Sie in der Corona-Krise auch ein Chance, nicht nur in der Verkehrspolitik klima- und zukunft-feindliche Entwicklungen zurückzudrehen? Oder müssen wir uns darauf einstellen, dass alles getan wird, um mit Biegen und Brechen den alten Zustand wieder herzustellen (z. B. staatliches Geld an Unternehmen, die einen Teil davon an ihre Aktionäre weitergeben, während kleine Betriebe pleite gehen)?
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Friederike Beins
Sehr geehrte Frau B.,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Es steht außer Frage, dass die Autoindustrie in Deutschland eine Schlüsselindustrie ist, an der hunderttausende Arbeitsplätze hängen. Deshalb müssen wir ein großes Interesse daran haben, dass die Branche stark bleibt. Allerdings steht sie auch vor großen Transformationen in Richtung Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Wenn der Autoindustrie geholfen wird, müssten auch diese Faktoren eine Rolle spielen. Eine Kaufprämie, die ausschließlich Antriebssysteme der Vergangenheit fördert, wäre deswegen problematisch.
In dieser Woche traf sich die Bundesregierung auf dem Autogipfel mit Vertretern der Hersteller, aber eine Entscheidung zu Prämien wird es so schnell noch nicht geben, da eben, wie Sie richtig anmerken, über die Art der Unterstützung sorgfältig abgewogen werden muss und einige Fragen noch nicht hinreichend geklärt sind. Dazu gehört mit Sicherheit auch die Frage, ob eine Prämie zum Kauf von Verbrennungsmotoren einer sich stark im Wandel befindlichen Industrie wirklich hilft.
In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihr Schreiben, denn die SPD wird in die kommenden Gespräche zu dieser Frage mit einer ganz ähnlichen Grundhaltung eintreten.
Abschließend möchte ich noch auf die Position der Bundesumweltministerin Svenja Schulze eingehen, die sie in einem Interview mit dem Deutschlandfunk am 27. April vertreten hat, und die aus meiner Sicht den Rahmen, in dem wir uns aktuell bewegen, gut beschreibt. Um es ganz deutlich zu sagen: Wirtschaftskrise kann nicht die Antwort sein auf Klimaschutz. Die Mittel, die Politik in der aktuellen Krise einsetzt, zielen eben nicht in erster Linie auf Klimaschutz ab, sondern dienen dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Verhinderung eines kompletten Kollapses der Wirtschaft. Denn nur eine leistungsfähige Bundesrepublik kann ambitionierte Klimaschutzziele umsetzen und deren Durchsetzung international koordinieren. Nach den Worten der Umweltministerin braucht es „eine nachhaltige Klimapolitik, die langfristig Strukturen verändert, die klimafreundliche, die soziale Alternativen voranbringt“. Das steht im Gegensatz zur aktuellen Situation, in der wir unsere Maßnahmen im Wochentakt anpassen und auf Sicht fahren.
Mit freundlichen Grüßen
Sarah Ryglewski