Frage an Sarah Ryglewski von Sören G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo,
ich möchte Fragen zum Uploadfilter loswerden:
Laut dem Wunsch der Regierung sollen alle Foren verklagt werden können, wenn urheberrechtliches Material hochgeladen wird. Das Urheberrecht läuft ja bis zu 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Damit darf kein Text gepostet werden, der seit 1949 in Büchern, Zeitschrifen oder im Internet veröffentlich wurde.
Ausgenommen sind Foren, die jünger sind als drei Jahre, weniger als 10 Millionen Euro Umsatz machen und weniger als 5 Millionen Besucher pro Monat haben. Damit sind so gut wie alle Foren betroffen, da sie älter sind als drei Jahre.
Meine Fragen dazu:
Wer kann laut Regierung einen Filter erstellen, der schnell prüft, ob ein Text in den letzten 70 Jahren irgendwo schon gestanden hat?
Kann die Regierung garantieren, dass es so einen Filter quasi kostenlos für kleinere, privat betriebene Foren existiert, um ein Forensterben zu verhindern?
Wie kann Missbrauch der Filterbetreiber vermieden werden? Es geht nicht nur um Geheimdienste. Politiker jammern ja schon darüber, dass Google die Suchanfragen auswertet. Dabei muss Google ja nicht unbedingt benutzt werden. Bei dem Filter dürfte es aber kaum eine große Auswahl geben,
Wie kann verhindert werden, dass über den Filter mißliebige Meinungen unterdrückt werden, indem viele Texte zu einem Thema verfasst und damit urheberrechtlich erfasst werden?
Wie will die Regierung verhindern, dass Rechteinhaber keine Wucherkosten verlangen?
Neue wissenschaftliche oder medizinische Formeln und Methoden werden weltweit in vielen Büchern und Artikeln beschrieben. Wie kann dann noch über solche Sachen von Wissenschaftlern diskutiert werden, ohne das Foren hunderte Euros an alle Rechteinhaber bezahlen müssen? Schadet es nicht dem wissensstandort EU, wenn solche Diskussionen nur unter reichen Leuten geführt werden können?
Warum will die Regierung Google, FB und ca. neue Kosten aufdrücken, während sie sich nicht darum kümmert, dass die Konzerne ihre Steuern korrekt bezahlen?
mfg
Sehr geehrter Herr Grenzdörffer,
vielen Dank für Ihr Schreiben zum Thema Urheberrecht. Um es vorweg zu nehmen: wie ein Uploadfilter konkret aussehen kann und wer ihn anbieten wird, ist bisher nicht geklärt. Das ändert aber nichts an der Notwendigkeit, das Urheberrecht auf europäischer Ebene neu zu regeln.
Meiner Meinung nach muss sich die Kommission in einen konstruktiven Austausch begeben und sicherstellen, dass sich die Ängste hinsichtlich automatisierter Uploadfilter nicht bewahrheiten. Im Rahmen der vorgesehenen, täglichen Kooperation zwischen Contentplattformen und Rechteinhabern muss sichergestellt werden, dass nicht nur Urheberrechte, sondern auch Meinungsfreiheit und Privatsphäre geschützt bleiben. Auch wenn es hierzu noch keine fertigen Lösungen gibt, müssen wir uns dem Thema widmen. Auf europäischer Eben haben sich das Parlament im März und der Rat im April damit befasst. Die damit verbundenen Ziele unterstütze ich grundsätzlich:
Die Reform bringt insgesamt dringend nötige Anpassungen des nicht mehr zeitgemäßen europäischen Rechtsrahmens mit sich, etwa neue Regelungen zum Text- und Data-Mining, zu den vergriffenen Werken oder zum Vertragsrecht für Künstlerinnen und Künstler. Die Reform für ein besseres Urheberrecht im Internet, für ein wirksames Urhebervertragsrecht und eine faire und angemessene Vergütung der Kreativen, Künstlerinnen und Künstlern sowie der Urheberinnen und Urheber ist wichtig und überfällig. Online-Plattformen müssen in Fragen des Urheberrechts stärker einbezogen und zu einer angemessenen und fairen Vergütung verpflichtet werden, wenn auf ihren Plattformen urheberrechtlich geschütztes Material zugänglich gemacht wird.
Die SPD-Gruppe hat – anders als Grüne und FDP – im Europäischen Parlament geschlossen dafür gestimmt, Änderungen an der Richtlinie vorzunehmen, um die Regelung zu Uploadfiltern streichen zu können, die Richtlinie im Übrigen aber zu verabschieden. Insbesondere die in Artikel 17 der Richtlinie vorgesehene Pflicht, auf Dauer „stay down“ geschützte Inhalte zu gewährleisten, stößt aber mit Blick auf unvermeidlich auch zur Anwendung kommende algorithmenbasierte Lösungen („Uploadfilter“) auf ernsthafte Bedenken und auf berechtigte Kritik.
Als nächstes steht die nationale Umsetzung der Richtlinie innerhalb der nächsten zwei Jahre an. Wir werden die Richtlinie in Deutschland ohne Anwendung eines Uploadfilters umsetzen. Das hat die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, Katarina Barley (SPD), in einer Protokollerklärung vereinbart.
Die Protokollerklärung verweist darüber hinaus auf Artikel 17 Absatz 10, nach dem die Europäische Kommission verpflichtet ist, einen Dialog mit allen betroffenen Interessengruppen zu führen, um Leitlinien zur Anwendung des Artikels 17 zu entwickeln. Die Vorschrift fordert ausdrücklich, die Ausgewogenheit zwischen den Grundrechten sowie die Möglichkeit zu wahren, geschützte Inhalte im Rahmen gesetzlicher Erlaubnisse auf Upload-Plattformen zu nutzen. Die Bundesregierung geht deshalb davon aus und wird sich in diesem Sinne auch einbringen, dass dieser Dialog vom Geist getragen ist, eine faire und angemessene Vergütung der Kreativen zu gewährleisten, „Uploadfilter“ zu verhindern, die Meinungsfreiheit sicherzustellen und die Nutzerrechte zu wahren.
Das letzte Wort in dieser Angelegenheit ist also noch lange nicht gesprochen und es zeigt sich, wie schwierig der vor uns liegende Weg ist. Die SPD wird das Vorhaben aktiv begleiten, ebenso wie die von Ihnen angesprochene Digitalsteuer für Google, FB und Co. Es ist keineswegs so, dass sich darum nicht gekümmert würde. Vielmehr braucht es hier die Europäische Einstimmigkeit. Allerdings blockiert insbesondere Irland das Vorhaben. Ich bin mir jedoch sicher, dass die Blockadehaltung nicht lange Bestand haben wird und sich die Europäischen Partner einigen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Sarah Ryglewski