Frage an Sabine Wölfle von Wolfgang K. bezüglich Politisches Leben, Parteien
Finden Sie nicht auch, dass die Sozial-Demokratische Partei Deutschlands in den letzten Jahrzehnten immer weniger sozialdemokratisch, dafür aber immer mehr marktradikal geworden ist? Gleichzeitig korrelliert diese Entwicklung mit Stimmenverlusten. Was werden SIE tun, um dieser bedenklichen Entwicklung entgegenzusteuern?
Auch die SPD musste sich in den letzten 30 Jahren stärker mit den Interessen der Wirtschaft auseinandersetzen. Die globalisierte Welt birgt Risiken und Chancen zugleich.
Hier braucht es, um gute Arbeitsplätze im Land zu halten, auch gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft. Die klassische reine Arbeitnehmervertretung hat früher klar die politische Agenda meiner Partei bestimmt, ist aber in der immer komplexer werdenden Welt nicht mehr möglich. Man sieht das an den Wahlergebnissen der Linken, die sehr einseitig Themen besetzen. Für die SPD ist das immer schwierig, weil wir auch deutliche Schwerpunkte auf einen funktionierenden und vorsorgenden Sozialstaat und einem guten und modernen Bildungssystem legen. Dafür aber braucht es finanzielle Gestaltungsmöglichkeiten. Deshalb ist eine gute Wirtschaft auch für die SPD wichtig.
Ob aber Deregulierung und andere Instrumente einem gut ausbalancierten System der Wirtschaft und damit einhergehend auch guten Arbeitsplätzen zuträglich sind, wird immer wieder diskutiert. Vielfach sind gut gemeinte Maßnahmen am Ende anders herausgekommen als es ursprünglich gewollt war, siehe Agenda 2010. Damals ging es darum, die Auswirkungen hoher Arbeitslosigkeit einzudämmen und Arbeitsplätze zu schaffen, auch in Werksverträgen oder im Niedriglohnsektor. Deutschland war nach Ära Kohl der kranke Mann Europas, unsere Unternehmen wanderten ab, immer mehr Arbeitsplätze gingen verloren. Die Agenda 2010 hatte zum Ziel, die Arbeit hier im Land zu halten, Brücken zwischen Arbeitslosigkeit und dauerhafter Beschäftigung zu schaffen. Das gelang auch, aber die Unternehmen haben die Lücken genutzt um eben keine gute reguläre Arbeit zu schaffen.
Oftmals muss man Wege ausprobieren und dann aber den Mut haben, den eingeschlagenen Weg zu verlassen. Das hat die SPD Ende 2019 mit ihrem Sozialstaatspapier getan.