Sabine Scherbaum
DIE FRAUEN
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Frage von Ruth L. •

Frage an Sabine Scherbaum von Ruth L. bezüglich Europapolitik und Europäische Union

Sehr geehrte Frau Scheerbaum,

hat ihre Parei Vorschläge, wie die Weltfinanzkrise, bzw. die strukturelle Krise des derzeitigen Finanzund Wirtschaftssystems überwunden werden könnte.

Haben Sie und ihre Partei hierzu Vorschläge auf globaler (WTO+GATTS, IWF/Weltbank, bzw. UNO auf EU Ebene Europäische Gremien und EU Zentralbank und darauf abgestimmt auf Nationaler und regionaler Ebene zu machen ?

vielen Dank für Ihre Antwort, die für meine Wahlentscheidung sehr aufschlussreich wäre.

Ruth Luschnat

Antwort von
DIE FRAUEN

Sehr geehrte Frau Luschnat,

Es gibt von verschiedenen Seiten ausgesprochen gute Anregungen, wie die aktuelle Weltfinanzkrise angepackt werden muss, um sie nicht zur sozialen und ökologischen Katastrophe eskalieren zu lassen. Wir stellen dabei jedoch fest, dass auch kluge Vorschläge von attac und sozialökologischen Wirtschaftsorganisationen die weibliche Sicht auf die aktuelle Situation in ihren durchaus guten Lösungsansätzen ignorieren. Tatsache ist, dass unser gesamtes Wirtschaftssystem darauf aufbaut, die Arbeit der Frauen weltweit zu marginalisieren, bzw. zu ignorieren. Die Bedeutung dieser un- und unterbezahlten Arbeit wird völlig unterschätzt. Sie ist die Basis für unsere Wirtschaft und für unseren Wohlstand. Alleine in Deutschland werden 62% der Arbeit unbezahlt verrichtet - in der Mehrheit von Frauen. Es wird so getan, als ob diese Tätigkeiten keine Bedeutung für unsere Ökonomie haben; es wird so getan, als ob Gesundheitsfürsorge, Erziehung, Pflege im häuslichen Bereich keinen Einfluss auf die Qualität einer Gesellschaft haben.

Es gibt diese schöne zweideutige englische Aussage: Who cares ? Wen kümmert es? Wer kümmert sich? Es sind die Frauen! Auch aus diesem Grund müssen Frauen in die Bewältigungsstrategien der Wirtschaftskrise einbezogen werden. Ihnen wird nicht ganz zu Unrecht eine andere Sicht auf die Anliegen einer Gesellschaft zugesprochen. Eine Sicht, die sich im Sinne "Who cares?" weniger dem Profitdenken und der reinen Kapitalverwertung verschreibt.

Dass es auch bei Frauen Ausnahmen von dieser Regel gibt, ist der Tatsache geschuldet, dass wir Frauen uns an die patriarchalen Spielregeln halten müssen, wenn wir Teilhabe und Teilnahme an den Machtstrukturen haben wollen - Machtstrukturen, die hauptsächlich darauf ausgerichtet sind, sich selbst zu erhalten. Feministische Politik möchte diese Machtstrukturen aufbrechen, zum einen über die demokratische Beteiligung von Frauen ? wir wollen die Hälfte der Macht und die Hälfte des Geldes. Zum anderen über Inhalte, die die Vision einer gewalt- und herrschaftsfreien Gesellschaft vor Augen haben.

In der Überwindung einer Wirtschafts- und Finanzkrise hin zu einer sozial gerechten Weltwirtschaft mit dem Primat des Gemeinwohls statt freiem Waren- und Kapitalverkehr müssen meiner Ansicht nach mindestens folgende Punkte realisiert werden:

· Europa muss sich trennen von seiner Politik der Militarisierung und von seinem militärischen Verständnis von "Rohstoffsicherung". Feministische Politik setzt sich ein für ein Europa als Friedensprojekt.
· Der Dollars als Weltleitwährung muss durch einen internationalen Währungskorb ersetzt werden.
· Alle UN-Mitgliedsstaaten sowie die Zivilgesellschaft müssen in die Entwicklung einer weltweiten Regulierung der Finanzmärkte eingebunden werden.
· Eine Weltfinanzmarktaufsicht und eine Weltsteueraufsicht müssen eingerichtet werden mit dem Ziel, die Steueroasen trocken zu legen und den internationalen Kapitalverkehr transparent zu verfolgen.
· Die Handlungen all dieser Institutionen müssen demokratisch legitimiert sein, das bedeutete unter anderem: auch dort müssen Frauen und Männer gleichermaßen vertreten sein.
· Bei allen Maßnahmen mussen die Fragestellungen der "Care-Ökonomie" berücksichtigt werden. Die Care-Ökonomie beschäftigt sich mit der Frage, wie eine Gesellschaft die Sorge für ihre Mitglieder organisiert.

Um mit meiner Antwort den Rahmen dieses Forums nicht zu sprengen, möchte ich Sie bei weiterem Interesse an den Vorschlägen der Feministischen Partei DIE FRAUEN zum Thema "Internationale Politik" auf unser Programm verweisen: "Wertewandel in der Wirtschaft: Ökofeministische Weltinnenpolitik" http://www.feministischepartei.de/progra-d.htm#kap2-2

Mit freundlichen Grüßen
Sabine Scherbaum