Frage an Sabine Lösing von Bernd B. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Lösing
Irland muss durch seine desaströse Finanzlage wohl unter den Währungsschirm der Euroländer .Wie schätzen Sie die finanzielle Lage Portugalls und Spaniens aber auch Italiens ein ?
mit freundlichen Grüßen
B.Binnefeld
Liebe Frau Binnefeld, lieber Herr Binnefeld,
verzeihen Sie bitte, dass ich erst jetzt auf ihrer Frage aufmerksam geworden bin.
Da ich zu den Themenschwerpunkten der Außen-, Sicherheits-, und Verteidigungspolitik meinen Arbeitsschwerpunkt für DIE LINKE im Europäischen Parlament gelegt habe, erlauben Sie mir eine allgemeinere Antwort. Zudem hat sich die Situation für Portugal, Spanien und Italien bereits drastisch verschlechtert.
Ich glaube um zu verhindern, dass die Finanzkrise in eine tiefe Rezession mündet, ist die Forderung der Europaabgeordneten der LINKEN die sofortige Umsetzung eines Europäischen Investitionsprogramms im Umfang von mindestens 1 % des EU-BIP, das durch vergleichbare staatliche Investitionsprogramme der Mitgliedstaaten ergänzt werden muss richtig. Um die sozial Schwächsten vor den Auswirkungen der Krise zu schützen, müssen europaweit Mindestlöhne eingeführt, die Reallöhne erhöht und die sozialen Sicherungssysteme ausgebaut werden. Insbesondere die staatlichen Rentensysteme müssen gestärkt und die Privatisierung der Altersvorsorge rückgängig gemacht werden. Ferner brauchen wir eine europaweite Garantie für sämtliche Spareinlagen. Die Linke wird darum kämpfen, dass die Verluste aus Spekulationsgeschäften nicht auf die einfachen Leute abgewälzt werden. Stattdessen müssen die Profiteure des Finanzkasinos zur Kasse gebeten werden. Wir brauchen eine strengere Regulierung der Finanzmärkte, um Systemrisiken zu vermeiden, die durch riskante Finanzprodukte oder die unkontrollierte Tätigkeit von Banken, Hedgefonds usw. verursacht werden. Wir fordern ein Verbot von Hedgefonds und die sofortige Auflösung aller Zweckgesellschaften, mit denen Bilanzierungs- und Eigenkapitalvorschriften unterlaufen werden. Gefährliche Finanzinnovationen wie Verbriefungen oder Kreditderivate gehören verboten, neue „Finanzinnovationen" dürfen ohne Zustimmung des Parlaments und Kontrolle durch einen Finanz-TÜV nicht zugelassen werden. Um Interessenkonflikte zu überwinden, muss die Vergütung von Bankmanagern und Investmentbankern neu geregelt und eine öffentliche europäische Rating-Agentur etabliert werden. Steueroasen müssen beseitigt werden und die EU muss das Problem der Offshore-Finanzplätze angehen. Ferner müssen endlich Steuern auf Devisengeschäfte (Tobin Tax) und Börsengeschäfte (einschließlich des Freiverkehrs) eingeführt werden, wie es die Linksfraktion im Europäischen Parlament seit 1999 fordert. Um künftigen Krisen vorzubeugen, kämpft die Linksfraktion für eine radikale Reform des europäischen Finanzsystems. Statt die Profite von Aktionären und Vermögensanlegern zu maximieren muss der Finanzsektor wieder an den Bedürfnissen der lokalen Wirtschaft und der Bevölkerung ausgerichtet und als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge organisiert werden. Maßnahmen zur Rekapitalisierung von Banken sollten mit dem Ankauf von stimmrechtsfähigen Aktien verknüpft werden, statt dass der Staat „toxische" Aktiva von ihnen erwirbt und so die Verluste der Spekulanten sozialisiert. Die Rekapitalisierung sollte auf eine nachhaltige Vergesellschaftung aller Banken und Versicherungen abzielen. In jedem Fall muss die Kreditpolitik der Banken der öffentlichen Kontrolle und der demokratischen Beteiligung der Beschäftigten und Verbraucher unterstellt werden.
Ich hoffe unsere Positionen können Sie überzeugen. Gerne stehe ich und meine Kolleginnen und Kollegen für weitere Fragen zur Verfügung.
Viele Grüße
Sabine Lösing