Frage an Sabine Kurtz von Epple H. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Landtags-Abgeordnete Kurtz!
Mit Datum vom 6.3.2011 berichtet die Stuttgarter Zeitung, online, unter der Überschrift
"Polizeizentrale bald in Pforzheim", dass im Rahmen der geplanten Polizeireform
der Landesregierung, bei der insgesamt noch circa 12 Polizeipräsidien übrigbleiben
sollen, die schwäbische Polizeidirektion in Böblingen, zu der auch Ihr Wahlkreis gehört,
der neuen vergösserten nordbadischen Polizeizentrale in Pforzheim "zugeschlagen" werden soll.
Was ist Ihre Meinung zu dieser geplanten Reform, soweit diese Ihren Wahlkreis betrifft?
Mit bestem Dank im voraus und freundlichen Grüssen
Helmut Epple
Sehr geehrter Herr Epple,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 7. März 2012 zum Thema Polizeireform.
Aus meiner Sicht hat sich die bisherige Organisation der Polizei grundsätzlich bewährt.
Es gilt der Grundsatz "ein Landkreis - eine Polizeidirektion". Damit verfügt die Polizei über ein hohes Maß an Bürgernähe.
Darüber hinaus ist diese Organisationsstruktur auch deshalb sehr sinnvoll, da praktisch alle Partner der Polizei - z.B. Feuerwehr, Katastrophenschutz, Rettungsdienste, soziale Dienste und Kreispolizeibehörde - kreisweit organisiert sind. Diese Institutionen haben in den Polizeidirektionen einen Ansprechpartner auf Augenhöhe und sind mit ihnen gut vernetzt.
Baden-Württemberg verfügt über eine hervorragende Kriminalitätsstatistik. Die derzeitige Polizeistruktur in Baden-Württemberg ermöglicht bereits die höchste Aufklärungsquote im Bundesvergleich und führt zu einer hohen Bürgerzufriedenheit, so dass es auch unter diesem Aspekt keinen Änderungsbedarf gibt.
Die Pläne des Innenministers zur Polizeireform bedeuten einen massiven Eingriff in die Polizeistruktur.
Aus heute 37 bürgernahen Polizeidirektionen werden 12 bürgerferne Mammutbehörden, darunter die schon heute bestehenden Polizeipräsidien Stuttgart, Mannheim und Karlsruhe. Der gesamte Rest des Landes wird somit künftig von nur neun Standorten aus betreut.
Aus den einzelnen (vor allem ländlichen) Landkreisen werden mit der Polizeireform viel mehr Stellen abgezogen, als jemals zur Verstärkung hinzukommen werden. Dies betrifft u.a. 30 bis 70 Prozent der Kriminalbeamten, die Verkehrspolizei, die Hundeführer sowie den Führungs- und Einsatzstab. In einer kleinen Polizeidirektion mit rund 200 Mitarbeitern summiert sich dies auf 50 bis 60 Polizisten und Verwaltungsmitarbeiter, die künftig nicht mehr vor Ort sein werden.
Zahlreiche Mitarbeiter werden versetzt und haben in Zukunft lange Anfahrtswege zum Arbeitsplatz.
Durch die Polizeireform wird ohne Grund die Bereitschaftspolizei - ein baden-württembergisches Erfolgsmodell - zerschlagen.
Und nicht zuletzt ist zu befürchten, dass in Folge der Polizeireform zumindest mittelfristig auch Polizeireviere wegfallen können. Laut Eckpunktepapier des Innenministeriums sollen nämlich "zu einem späteren Zeitpunkt" auch die Anzahl, die Organisation und der Zuständigkeitsbereich der bestehenden Polizeireviere überprüft werden.
Zudem muss davon ausgegangen werden, dass die Polizeireform nur einen ersten Schritt zu einer umfassenden Verwaltungsreform darstellt, dessen Ziel die Zerschlagung der Landkreise und die Schaffung bürgerferner Regionalkreise ist. Es ist seit langem ein erklärtes Ziel von Grünen und SPD, Landkreise und Regierungspräsidien abzuschaffen und stattdessen acht bis zwölf Regionalkreise zu bilden. Dies würde zu gravierenden Veränderungen für alle Verwaltungsbereiche führen.
Ich befürchte insgesamt, dass die Polizeireform zu deutlichen Verschlechterungen für die Arbeit der Polizei und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger führen wird. Vor diesem Hintergrund lehne ich die Polizeireform, wie sie vom Innenminister vorgeschlagen wurde, ab. Insbesondere halte ich auch eine laut Presseberichten geplante Zusammenfassung der Polizeidirektionen Böblingen, Pforzheim und Calw zu einem Polizeipräsidium mit Standort Pforzheim sachlich für falsch. Ich werde mich deshalb weiterhin mit Nachdruck für einen Erhalt der Standorte von Bereitschaftspolizeidirektion und Polizeidirektion in Böblingen einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Kurtz