Frage an Ruth Cremer-Ricken von Markus W. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Cremer-Ricken,
vor einiger Zeit lernte ich als Schüler in Gemeinschaftskunde, dass unsere Wirtschaft immer wächst und dass dieses Wachstum eines der Hauptziele staatlicher Wirtschaftspolitik ist. Ich konnte und kann es immer noch nicht verstehen, wie etwas immer wachsen kann. In der natürlichen Welt ist es doch so, dass ein Wachstum durch den Umbau bzw. die Verwendung vorhandener Ressourcen entsteht. Das muss doch auch so beim Wirtschaftswachstum sein. Ein Wachstum kann nicht aus dem Nichts entstehen. Entsteht unser Wirtschaftswachstum nicht zu einem Großteil durch die Nutzung (bzw. Ausbeutung) der Erde und die Nutzung der Produktivität der Bevölkerungen anderer Länder zu einem Niederiglohn? Wie stehen sie dazu?
Würden Sie Regelungen im Wirtschafts- und Finanzsystem einführen um die Ausbeutung und Verschmutzung der Erde und die Ausbeutung anderer Bevölkerungen zukünftig zu verhindern? Welche Regelungen könnten Sie sich vorstellen?
In vielen bei uns käuflichen Produkten werden Sollbruchstellen eingebaut, was unser Wirtschaftswachstum steigert. Ich würde jedoch gerne Produkte kaufen, die länger halten um unsere Umwelt zu schonen. Jedoch gibt es oft keine alternativen Produkte oder die Sollbruchstellen sind absichtlich versteckt angebracht. Ohne den Einbau von Sollbruchstellen würde weniger Müll entstehen, weniger Ressourcen verbraucht und wir könnten ohne realen Verlust auch weniger verdienen. Was möchten Sie unternehmen um eine längere Verwendbarkeit der Produkte sicherzustellen.
Mit freundlichen Grüßen,
Markus Weber
Sehr geehrter Herr Weber,
vielen Dank für ihre Frage. Sehr gerne will ich versuchen, diese zu beantworten.
Unsere Wirtschaftspolitik ist tatsächlich auf Wachstum ausgerichtet. Nicht zwangsläufig muss dieses Wachstum aber durch Ausbeutung von endlichen Ressourcen oder der Bevölkerung anderer Länder geschehen. Ausbeutung von Ressourcen führt in eine Sackgasse, da sie endlich sind, Ausbeutung der Bevölkerung anderer Länder ist aus menschenrechtlicher und ethischer Sicht nicht akzeptabel.
Es gibt aber auch Wachstum, welches auf Nachhaltigkeit basiert. Nehmen Sie zum Beispiel eines der Kernfelder Grüner Industrie und Wirtschaftspolitik, die Erneuerbaren Energien. Hier werden Ressourcen genutzt, die, der Name sagt es schon, erneuerbar sind. Außerdem entspricht es der Generationengerechtigkeit, so dass folgende Generationen nicht durch unser Handeln beeinträchtigt werden. Das war der Grund, den Grünen Neuen Gesellschaftsvertrag ins Leben zu rufen. Mit diesem Vertrag wollen wir Generationengerechtigkeit, Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Entwicklung vereinen. Auch soziale Aspekte lassen wir nicht außen vor. Wir Grünen setzen auf den Ausbau von erneuerbaren Energien, wir investieren in Gebäudesanierung und Energieeffizienz, wir schaffen neue Jobs im Sozialen Bereich und stecken Gelder in den Ausbau der Pflege, Bildung und Kinderbetreuung. Weil wir der Meinung sind, dass Wachstum alleine nicht das Ziel sein kann.
Auch engagieren wir uns dafür, dass unser wirtschaftlicher Wohlstand nicht auf der Ausbeutung anderer Teile der Erde basiert. Wir fordern daher eine gerechte Welthandelsordnung und globale Gerechtigkeit.
Ebenso setzen wir uns für Verbraucherinnen und Verbraucher ein und haben die Verbraucherpolitik ganz vorne auf unsere Tagesordnung gehoben. Seit 1999 hat das EU-Parlament eine Verordnung zur Gewährleistungsgarantie erlassen, die zwei Jahre nicht unterschreiten darf. Viele Hersteller geben mittlerweile eine Garantie über drei Jahre. Der Rechtsanspruch besteht gegenüber dem Verkäufer. Somit ist der Verkäufer bemüht, eine Lieferanten zu finden, dessen Produkte auch die angegebene Garantiezeit erreichen. Viele Herstellen geben mittlerweile eine Garantiezeit von drei Jahren an. Vom Rückgaberecht habe ich schon wiederholt Gebrauch gemacht.
Sie fragen auch nach Regelungen im Wirtschafts- und Finanzsystem. Daran arbeitet unsere Bundestagsfraktion mit Nachdruck. Da mein Fachgebiet aber nicht im Bereich der Wirtschaft und Finanzen liegt möchte ich sie z.B. auf die Homepage unseres Baden-Württembergischen Bundestagsabgeordneten Gerhard Schick aufmerksam machen. Dort finden Sie auch einiges zu den Ideen „Grüner Finanzmärkte“ unter „Meine Anliegen“.
http://www.gerhardschick.net
Ich hoffe, ich konnte Ihre Anfrage befriedigend beantworten.
Mit freundlichem Gruß
Ruth Cremer-Ricken