Zitat SGB XI, Abs. 2, letzter Satz: Freigemeinnützige und private Träger haben Vorrang gegenüber öffentlichen Trägern.
Sind Sie mit mir der Meinung, dass dieser Vorrang gegenüber öffentlichen Trägern aufzuheben ist, angesichts bspw. der Vorfälle im Pflegeheim Domizil - nur ein! Beispiel - und anderen Einriichtungen, deren oberstes Ziel eine gute Rendite ist?
Sehr geehrter Herr L.
vielen Dank für Ihre Frage hier bei Abgeordnetenwatch.de.
Die derzeitige Regelung, die freigemeinnützigen und privaten Trägern Vorrang gegenüber öffentlichen Trägern einräumt, wurde ursprünglich geschaffen, um eine vielfältige und flächendeckende Versorgungslandschaft sicherzustellen.
Die Gesetzeslage verfolgt das Ziel, dass freigemeinnützige und private Träger aktiv in die Bereitstellung von Pflegeleistungen einbezogen werden. Das entlastet die Kommunen, und den Staat und fördert eine diversifizierte Trägerlandschaft. Die Vielfalt und die damit entstandene Wahlmöglichkeit ist gut für die Menschen mit Pflegebedarf. Aktuell befinden sich rund 43 % der stationären Pflegeeinrichtungen in privater und etwa 53 % in freigemeinnütziger Trägerschaft. Diese Träger stellen somit den Großteil der stationären Pflegeversorgung in Deutschland sicher.
Gerade in Zeiten des demografischen Wandels und einer steigenden Zahl Pflegebedürftiger müssen wir die Versorgungslandschaft zukunftssicher gestalten. Dafür braucht es Engagement und Investitionen von allen Seiten – sowohl von privaten und freigemeinnützigen als auch von öffentlichen Trägern. Der Fokus muss auf Qualität, fairen Arbeitsbedingungen und verantwortungsvollem Einsatz der Sozialversicherungsgelder liegen.
Die SPD setzt sich deshalb für eine stärkere Regulierung und bessere Rahmenbedingungen für alle Pflegeeinrichtungen ein, unabhängig von der Trägerschaft. Das umfasst:
• Personalmindeststandards für eine bessere Betreuung,
• Tariftreue-Regelungen in der Langzeitpflege,
• Qualitätskontrollen und faire Entlohnung für Pflegekräfte,
• Transparente Nachweispflichten für die Mittelverwendung.
Für uns gilt: Pflege darf kein Geschäft mit Vorrang der Gewinnerzielung auf Kosten der Pflegebedürftigen sein. Gleichzeitig muss gewährleistet sein, dass alle Einrichtungen – egal ob privat, gemeinnützig oder öffentlich – dieselben hohen Standards in der Pflege erfüllen. Kommunen sollten zudem aktiver an der Gestaltung der Pflegeversorgung mitwirken. Dazu haben wir aktuell das Pflegekompetenzgesetz in den Bundestag eingebracht, deren Verabschiedung aber ungewiss ist: Die Zusammenarbeit und der Austausch von Daten zur Versorgungssituation zwischen Pflegekassen und Kommunen wird damit verbessert, damit die Versorgung auf regionaler Ebene künftig besser erfasst und entsprechend bedarfsgerecht im Rahmen der kommunalen Pflegestrukturplanungen geplant werden kann. Denn die Kommunen sollen künftig mehr verbindliche Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Zulassung von Pflegeeinrichtungen erhalten.
Darüber hinaus wollen wir Pflegebedürftige und ihre Angehörigen finanziell entlasten, indem wir:
• Die Eigenanteile in der stationären Langzeitpflege auf maximal 1.000 Euro pro Monat begrenzen (Pflegekosten-Deckel),
• Die häusliche Pflege besser unterstützen, insbesondere durch Familienpflegezeit und Familienpflegegeld,
• Den Zugang zu Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen erweitern und neue alternative Wohnformen fördern,
• Die Digitalisierung in der Pflege gezielt ausbauen, um Prävention zu fördern und Pflegeleistungen besser zu vernetzen.
Kurzum: Die SPD setzt sich dafür ein, dass Pflege nicht vom Profitstreben einzelner Träger bestimmt wird, sondern nach hohen Qualitätsstandards für alle organisiert ist.
Mit freundlichen Grüßen
Ruppert Stüwe