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Rüdiger Veit
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Frage von Malte S. •

Frage an Rüdiger Veit von Malte S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Veit,

Am 11.9.2007 sollte in der "Europahauptstadt" Brüssel eine friedliche Großdemonstration "für die Bewahrung europäischer Freiheitsrechte" und "gegen die Islamisierung Europas" inklusive einer Schweigeminute für die Opfer der Terroranschläge des 11. September 2001 auf das WTC stattfinden. 20.000 registrierte Teilnehmer aus 26 EU-Staaten sowie der Schweiz (Juden, Christen, Atheisten, Hindus, Sikhs, Muslime, Bahai, Buddhisten …) wurden erwartet. Die Veranstalter hatten die Marschroute und alle Sicherheitsaspekte im Einvernehmen mit den Brüsseler Behörden abgeklärt. Es waren nur vier Slogans für Transparente zugelassen, gewalttätige Störer und mögliche Infiltranten aus der rechten Szene sollten von den Sicherheitskräften rechtzeitig aus der Versammlung entfernt werden. Obwohl eine rechtstreuere, internationalere, religiös vielfältigere Kundgebung kaum denkbar ist, hat der Brüsseler Oberbürgermeister sie verboten, weil er den Unmut Brüsseler Muslime fürchtete. Wider Erwarten hat jetzt auch das belgische Obergericht dieses Verbot in letzter Instanz unwiderruflich bestätigt, weil dem Hauptveranstalter dadurch kein unzumutbarer persönlicher Nachteil entstehe.

Während dieser Verbots-Vorgang international durchaus Resonanz hervorrief, blieb ein Echo in Deutschland weitgehend aus, ganz zu schweigen von den sonst üblichen empörten Reaktionen deutscher Politiker.

Daher möchte ich Sie fragen, wie Sie als Abgeordneter meines Wahlkreises sich zu einem derart demokratiewidrigen, willkürlichen Verbot freier Meinungsäußerung stellen (objektiv als Vertreter einer demokratischen Partei und ungeachtet ihrer persönlichen positiven oder negativen Haltung gegenüber dem Demonstrations-Anliegen). Würden Sie ein derartiges Demonstrations-Verbot auch in Deutschland mittragen – oder nicht?
Und werden deutsche Abgeordnete diese Ereignisse im europäischen Parlament thematisieren?

In Erwartung Ihrer Stellungnahme verbleibe ich mit freundlichen Grüßen,

Malte Schulz-Sembten

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schulz-Sembten,

zunächst sind Ihre Informationen nicht ganz korrekt: Die angesprochene Demonstration wurde nicht verboten, sondern vom Veranstalter selbst abgesagt. Dieser befürchtete extremistische Ausschreitungen.
Aber ich will keineswegs verhehlen, dass mich eine solche Entwicklung nicht wundert, denn bereits der Slogan "gegen eine Islamisierung Europas" dient einer Konfrontationsstrategie: Er suggeriert eine Gefährdung europäischer Freiheit durch den Islam. Ein solcher Slogan mobilisiert ohne Zweifel auch extremistische und gewaltbereite Gegner der Religionsfreiheit, und daher ist die Absage genauso selbstverschuldet wie richtig.
Schließlich möchte ich hinzufügen, dass die zivilgesellschaftliche Gegenwehr bei intoleranten Demonstrationsversuchen meistens eine rein kommunale Angelegenheit ist, die keiner bundespolitischen Thematisierung bedarf: Unsere Demokratie ist so gefestigt, dass der Bundestag sich damit nicht befassen muss. Wie Sie sehen, gilt das erfreulicher Weise auch für die Europahauptstadt Brüssel.

Mit freundlichen Grüßen

Rüdiger Veit