Wie haben Sie abgestimmt, als es im Juni darum ging, Ortskräfte in Afghanistan frühzeitig zu retten? Wie begründen Sie Ihre Entscheidung?
Sehr geehrter Herr D.,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 20. August hinsichtlich der Abstimmung zum Antrag „Verantwortung anerkennen – Gruppenverfahren zur Aufnahme afghanischer Ortskräfte einführen“.
Als CDU/CSU-Fraktion haben wir diesen Antrag am 23. Juni 2021 in 2./ 3. Lesung abgelehnt.
Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion stand bereits vor dieser Abstimmung fest, dass die Menschen, die als sogenannte Ortskräfte Aufgaben an der Seite deutscher Soldaten erfüllt haben, nicht schutzlos in Afghanistan zurückgelassen werden dürfen. Bis in den August hinein sind wir davon ausgegangen, dass weiterhin auf das jahrelang bewährte Aufnahmeverfahren gesetzt werden könne, in dem in Afghanistan angestellte Ortskräfte nach einem innerhalb der Bundesregierung einheitlichen Verfahren eine Gefährdung aufgrund der Beschäftigung für den deutschen Staat anzeigen können. Nach erfolgreicher Einzelprüfung erhielten die Ortskräfte und ihre Kernfamilie eine Aufnahmezusage. Zur Unterstützung und Beschleunigung des Verfahrens in der aktuellen Situation des Truppenabzugs wurden zwei Büros als Anlaufstelle für die Ortskräfte in Kabul und in der Provinz Balkh eingerichtet. Zudem haben wir in unsere Überlegungen den damals plausiblen Gedanken einbezogen, dass bei einem zu undifferenzierten Aufnahmeverfahren sehr viele gut ausgebildete Kräfte vorzeitig dazu veranlasst werden könnten, Afghanistan zu verlassen.
Nach Wortmeldungen in den Gremien der Fraktion habe ich mich Anfang Juli auch schriftlich an unsere Verteidigungsministerin, Frau Annegret Kramp-Karrenbauer, den Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Herrn Ralph Brinkhaus MdB, sowie an unsere Bundeskanzlerin, Frau Dr. Angela Merkel MdB, gewandt, um für den zügigen Schutz afghanischer Mitarbeiter in Deutschland zu plädieren.
Infolge des raschen Umsturzes in Afghanistan hat sich der erwartete Handlungsspielraum leider als von der Realität widerlegte Fehleinschätzung erwiesen. Deshalb steht für uns nun an erster Stelle, dass so viele Menschen wie möglich aus Afghanistan gerettet werden. Daher haben wir die kurzfristige Evakuierungsaktion unterstützt, die das Bundeskabinett ermöglicht hat. Für die in Afghanistan verbliebenen Ortskräfte hoffen wir, dass es der Bundesregierung gelingt, erfolgreiche Lösungen zu finden, gegebenenfalls auch in Verhandlungen mit den Taliban.
Mit freundlichen Grüßen
Rudolf Henke MdB