Portrait von Rudolf Henke
Rudolf Henke
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Rudolf Henke zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Helmut W. •

Frage an Rudolf Henke von Helmut W. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Henke,

da es in den Medien keine direkten Zahlen dazu gibt, habe ich versucht, aus den Angaben zur Inzidenz und zum Anteil der Delta-Variante an den Covid-19-Infektionen die "Delta-Inzidenz" auszurechnen. Dabei kam ich zum Ergebnis, dass die absolute Zahl an Fällen mit Delta-Infektion pro Woche um ca. 40% ansteigt. Hochgerechnet würde das bedeuten, dass Delta Ende August zu einer Inzidenz von 25 bis 30 beiträgt (der Anteil der bislang vorherrschenden Varianten von SARS-COV2 kann dann aber wohl vernachlässigt werden).

Nun ist eine solche laienhafte "Modellrechnung" natürlich voller Ungenauigkeiten und Fehlerquellen, aber die Zahlen sind so erschreckend, dass ich Sie als Gesundheitsexperte fragen möchte:

Gibt es seriöse Modellrechnungen, die Voraussagen zum vermutlichen Verlauf der sich offenbar anbahnenden Welle mit Delta-Infektionen machen? Wenn ja: Was wird da vorhergesagt bzw. abgeschätzt? Wenn nein: Warum hat sich noch niemand näher damit befasst?

Und welche Folgerungen sollte die Politik aus diesen Zahlen ziehen?

Portrait von Rudolf Henke
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Weidner-Kim,
ich danke für Ihre Frage vom 1. Juli, die sich der zunehmenden Verbreitung der Coronavirus-Variante „Delta“ mit der internationalen Kennung B.1.617.2 widmet.
Ich betone in der Corona-Pandemie den Stellenwert der Gesundheitsprävention und den Ansatz, Schutzmaßnahmen nur mit Vorsicht und Disziplin zu lockern bzw. aufzuheben. Das RKI stuft die Gefährdung der Gesundheit unserer Bevölkerung insbesondere aufgrund der Verbreitung von besorgniserregenden SARS-CoV-2 Varianten sowie der noch nicht ausreichend hohen Impfquote weiterhin insgesamt als hoch ein. Zugleich habe ich den Eindruck, dass sich die Delta-Debatte der vergangenen Wochen in erster Linie auf die bestmögliche Vorbereitung auf den Herbst und auf das gemeinsame Ziel einer nachhaltigen Beruhigung bezieht. Auch der Bundesgesundheitsminister beschäftigt sich ganz aktuell mit diesen Aspekten und steht im vorbereitenden Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Parlament und Praxis.
Das RKI veröffentlicht momentan jede Woche einen neuen Bericht zu Virusvarianten von SARS-CoV-2 in Deutschland, der sich aus drei Datenquellen inklusive Gesamtgenomsequenzen speist. Laut dem neuesten Bericht vom 7. Juli stellt die Delta-Variante mit einem Anteil von 59 Prozent nun die dominierende Virusvariante hierzulande dar. Der Bericht beinhaltet natürlich die Entwicklung der vergangenen Wochen, aber keine unmittelbare Prognose zur künftigen Variantenverbreitung. Nach meiner Einschätzung müsste eine solche Prognose eine ganze Reihe von schwerlich einschätzbaren Faktoren berücksichtigen und wäre somit mit hohen Irrtumswahrscheinlichkeiten behaftet. Die Weltgesundheitsorganisation hat die Variante B.1.617.2 erst Ende Mai 2021 als eine besorgniserregende Variante eingestuft. Deswegen ist die wissenschaftliche Evidenz zu den Eigenschaften der Variante sowie zur Wirksamkeit und Transmissionsreduktion der bislang zugelassenen Impfstoffe erst im Entstehen. Außerdem müsste eine solche Prognose beispielsweise das künftige Alltags- und Reiseverhalten in und nach Deutschland, die steigende Impfquote oder auch die weitere Entwicklung anderer Virusvarianten abschätzen. Das RKI veröffentlicht täglich eine datenbasierte Schätzung der zeitabhängigen Reproduktionszahl R, die beschreibt, wie viele Menschen eine infizierte Person im Mittel ansteckt. Dort können wir unter anderem Schätzungen zum 4-Tage-R-Wert bzw. 7-Tage-R-Wert einsehen. Beim sogenannten Punktschätzer des 7-Tage-R-Werts rechnet die Prognose zum Beispiel aktuell damit, dass der Wert zunächst höher als 1 bleiben wird. Auch das Forschungszentrums Jülich stellt online eine tagesaktuelle Vorhersage des R-Werts für deutsche Bundesländer und die wichtigsten europäischen Staaten bereit.
Ich bin froh, dass alle aktuell in Deutschland genutzten COVID-19-Impfstoffe nach derzeitigen Erkenntnissen sehr gut vor schweren Erkrankungen durch die bekannten Varianten schützen. Bei unvollständigen Impfserien wird allerdings eine deutlich verringerte Wirksamkeit gegen die Delta-Variante angenommen. Darauf haben die Koalitionsfraktionen bereits am 8. Juni in ihrem Antrag auf Feststellung des Fortbestehens der epidemischen Lage von nationaler Tragweite hingewiesen. Wir haben in diesem Sommer zum Glück deutlich bessere Frühwarnsysteme und aktive Gegenmaßnahmen als im Sommer 2020 zur Verfügung. Ich denke an die flächendeckende Teststruktur inklusive erstatteten Bürgertestungen und variantenspezifischen PCR-Testungen. Ich denke auch an kostenlose COVID-19-Impfungen, an die Einreiseverordnung des Bundes mit teils unumgänglichen Absonderungspflichten nach internationalen Einreisen und daran, dass das DIVI-Intensivregister inzwischen eine nach SARS-CoV-2-Virusvarianten differenzierte Meldung durch die Krankenhäuser umfasst.
Mit freundlichen Grüßen
Rudolf Henke MdB