Portrait von Rudolf Henke
Rudolf Henke
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Rudolf Henke zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Rainer L. •

Frage an Rudolf Henke von Rainer L. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Henke,

wie ist Ihre Meinung zum bedingungslosen Grundeinkommen?

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Locke

Portrait von Rudolf Henke
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr L.,
vielen Dank für Ihre Frage vom 6. Juni. Gerne erläutere ich als Mitglied der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, warum ich die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens in Deutschland nicht für darstellbar halte und stattdessen eine beschäftigungs- und bildungszentrierte Arbeitsmarktpolitik mit dem Ziel der Vollbeschäftigung bevorzuge.
Erstens steht ein Grundeinkommen, das der Staat ohne jede Bedingung und Gegenleistung an alle Erwerbstätigen sowie Erwerbslosen auszahlt, im Widerspruch zum Sozialstaatsprinzip unseres Grundgesetzes. Dem Sozialstaat kommt demnach die Verpflichtung und Verantwortung zu, für die Schaffung von Arbeitsplätzen einzutreten und Arbeitslosigkeit mit aktivierenden Angeboten entgegenzutreten. Ein bedingungsloses Grundeinkommen, das vermutlich alle heutigen steuer- und abgabenfinanzierten Sozialleistungen ersetzen soll, würde die über Jahrzehnte gewachsene Architektur unseres Sozialstaates aushöhlen. Damit stünden insbesondere unsere bewährten sozialen Sicherungssysteme in Form von Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung grundlegend in Frage. Im Übrigen nennen einige Landesverfassungen, zum Beispiel die Verfassung meiner Heimat Nordrhein-Westfalen, sogar ein „Recht auf Arbeit“ und den Schutz der Arbeitskraft als individuelle Ansprüche gegenüber dem Staat.
Zweitens würde die staatliche Auszahlung eines solchen Grundeinkommens einen gesellschaftlichen bzw. gesellschaftsmoralischen Konsens gefährden, der sich ebenfalls langfristig bewährt hat: Die Gemeinschaft der erwerbsfähigen Bürgerinnen und Bürger unterstützt nach dem Prinzip der Solidarität diejenigen Personen, die aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen vorübergehend oder dauerhaft nicht selbstständig für ihren Unterhalt sorgen können. Drittens erscheint mir das bedingungslose Grundeinkommen kaum mit einem Menschenbild vereinbar, das den Stellenwert von sozialer Teilhabe und Gemeinschaftssinn, von individuellem Schaffensdrang und Selbstverwirklichung, von Eigenverantwortung und staatlicher Unabhängigkeit in Fragen des eigenen Lebensweges akzentuiert.
In den letzten Jahren ist das bedingungslose Grundeinkommen oft diskutiert worden, wenn es um den Wandel unserer Arbeitswelt durch die digitale Transformation oder um Langzeitarbeitslosigkeit ging. Nach meiner Auffassung sollten wir solche Fragen konsequent mit der Weiterentwicklung unserer beschäftigungs- und bildungszentrierten Arbeitsmarktpolitik beantworten. Diese setzt wie gesagt bei der staatlichen Verantwortung zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Eingliederung von Menschen mit Unterstützungsbedarf in die Arbeitswelt an. Mit dem Teilhabechancengesetz von November 2018 haben die Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag zusätzliche Unterstützungs- und Betreuungsangebote für Langzeitarbeitslose ab 2019 geschaffen. Laut Bundesagentur für Arbeit haben dadurch in den ersten drei Monaten bis Ende März bereits 7.000 Langzeitarbeitslose den Weg in den neu geschaffenen sozialen Arbeitsmarkt gefunden. Wenn es in der Debatte zum Grundeinkommen um Verbesserungen bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder um mehr Selbstbestimmung in bestimmten Lebensphasen geht, so möchte ich beispielhaft auf den neuen gesetzlichen Anspruch für Arbeitnehmer auf zeitlich begrenzte Teilzeit (Brückenteilzeit) hinwiesen. Diesen beschloss der Deutsche Bundestag ebenfalls im Herbst 2018.
Mit freundlichen Grüßen
Rudolf Henke MdB