Frage an Rudolf Henke von Natalie E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Henke,
wie stehen Sie zum neuen Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG)?
Gegen Oliver Schröm, Chefredakteur von CORRECTIV, ermittelt die Staatsanwaltschaft Hamburg wegen des Verdachts auf „Anstiftung zum Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen” nach §17 UWG (Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb).Unter seiner Leitung wurden Recherchen zu den cumEx Files veröffentlicht und dieser Steuerskandal aufgedeckt. Es ist das erste Mal, dass dieser Paragraph auf einen Journalisten angewendet wird.
Mit den neuen neuen Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) befürchte ich, dass investigativer Journalismus kriminalisiert wird und somit die Demokratie ausgehöhlt wird.
Von unseren Volksvertretern erwarte ich, dass sie sich entschieden gegen eine Kriminalisierung des investigativen Journalismus positionieren. Daher meine Frage an Sie: Wie ist Ihre Haltung zu diesem Thema?
Mit freundlichen Grüßen
Natalie Eisfelder
Sehr geehrte Frau E.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht zum Quellenschutz im Journalismus.
In unserem System der staatlichen Gewaltenteilung gehöre ich als Mitglied des Deutschen Bundestages der Legislative, also der gesetzgebenden Gewalt an. Die Staatsanwaltschaft ist durch das Grundgesetz hingegen der Exekutive zugeordnet. Daher bitte ich um Verständnis, dass ich mich – sowohl in diesem konkreten Fall als auch generell – nicht zu laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen äußern kann.
Sehr gerne gehe ich aber auf Ihre Fragen zum investigativen Journalismus und auf das aktuelle Gesetzgebungsverfahren des Deutschen Bundestages ein, das Bezüge zum Quellenschutz im Journalismus hat. Die Bundesregierung hat Anfang Oktober 2018 einen Gesetzentwurf für mehr Rechtssicherheit beim Schutz von Geschäftsgeheimnissen vorgelegt („Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung“). Damit soll – wie im Entwurfstitel benannt – die EU-Richtlinie 2016/943 von 2016 „über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung“ in deutsches Recht umgesetzt werden. Die Richtlinie verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten zum zivilrechtlichen Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Die 1. Beratung des Regierungsentwurfes im Plenum des Deutschen Bundestages fand am 11. Oktober letzten Jahres statt. Anschließend wurde der Gesetzentwurf zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz sowie mitberatend an den Ausschuss für Arbeit und Soziales und den Ausschuss für Kultur und Medien überwiesen. Am 12. Dezember 2018 veranstaltete der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen, in der beispielsweise die „Open Knowledge Foundation Deutschland e.V.“ auf Regelungsfragen im Bereich Pressefreiheit und Whistleblowing hinwies.
Das parlamentarische Verfahren im Deutschen Bundestag ist somit derzeit in vollem Gange. In dem von Ihnen geschilderten Fall kann die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie deshalb de facto noch keine Anwendung finden. Meine im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz vertretenen Fraktionskolleginnen und -kollegen haben in der ersten Plenarberatung im Oktober 2018 jedoch die Bedenken von Journalisten aufgegriffen und eine entsprechende Prüfung zugesagt. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion verbindet mit dem Gesetz das Ziel, einen effektiven Schutz von Hinweisgebern und Journalisten zu gewährleisten. Als Maßstab dient das öffentliche Interesse daran, dass der Journalismus gesellschaftliche Missstände oder gar Rechtsverstöße veröffentlicht. Ich bin zuversichtlich, dass meine fachpolitisch betrauten Fraktionskolleginnen und -kollegen im weiteren parlamentarischen Verfahren für entsprechende Regelungen eintreten werden.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Informationen zum derzeitigen Beratungs- und Gesetzgebungsverfahren im Deutschen Bundestag weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Rudolf Henke MdB