Frage an Rudolf Henke von Stefan G. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Henke,
bevor Sie meine Fragen beantworten, möchte ich Sie bitten sich folgenden Beitrag des ZDF-Magazins „Frontal 21“ anzusehen, der in der Sendung vom 20.11.2018 lief. Hierin geht es um qualvolle Tiertransporte aus Deutschland in außereuropäische Länder. Das Video ist unter folgendem Link abrufbar (Beitrag Nr. 3, ab Minute 18, Dauer knapp 9 Minuten):
https://www.zdf.de/politik/frontal-21/frontal-21-vom-20-november-2018-100.html
Fast noch erschütternder als die darin gezeigten Bilder ist die Nachricht, daß Anfang November 2018 bei einer Abstimmung im Bundestag ein Stopp bzw. Moratorium für eben diese Tiertransporte in außereuropäische Länder u.a. mit den Stimmen der CDU/CSU-Fraktion abgelehnt wurde.
Meine 3 Fragen hierzu:
Waren Sie an der Abstimmung beteiligt und wenn ja, wie haben Sie abgestimmt?
Mit welcher Begründung lehnt die CDU einen Stopp solcher Transporte und damit eine unmittelbare Verbesserung bzw. Unterbindung der gezeigten Zustände für die Tiere ab?
Wie wird sich die CDU alternativ für den Tierschutz bei derlei Transporten einsetzen und mit welchem konkreten Zeitziel?
Ich würde mich freuen, wenn Sie sich dieses Themas als Abgeordneter meiner Heimatstadt mehr annehmen würden und danke für Ihre Antworten.
Mit freundlichen Grüßen,
S. G..
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Fragen zu Tiertransporten in außereuropäische Länder vom 4. Dezember.
Sie beziehen sich auf eine Abstimmung des Deutschen Bundestages vom 8. November. Zur Abstimmung standen ein Antrag der FDP-Fraktion („Unwürdige Tiertransporte stoppen“) und ein Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN („Moratorium für Tiertransporte in außereuropäische Länder aussprechen“). Die beiden Anträge verwiesen auf die geltenden europäischen Tierschutzbestimmungen für Lebendtransporte, die in der EU-Verordnung (EG) Nr. 1/2005 einheitlich und vorrangig geregelt sind. Die Vorschriften gelten laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes von 2015 auch für Beförderungsabschnitte außerhalb der Europäischen Union. Zu den Kernforderungen der Anträge zählte, die Bundesregierung möge sich auf EU-Ebene für eine Einhaltung und gezielte Ergänzung der Vorschriften einsetzen und deutsche Lebendtiertransporte in Ziele außerhalb der Europäischen Union vorübergehend unterbinden. Mit der Ablehnung der genannten Anträge folgte das Plenum des Deutschen Bundestages – darunter auch meine Fraktion – der vorherigen Beschlussempfehlung des fachlich zuständigen Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft.
Die in dem ZDF-Beitrag gezeigten Missstände sind ohne Frage unwürdig und inakzeptabel – unabhängig von den konkreten Orten des Geschehens. Die Transportbedingungen widersprechen augenscheinlich sowohl den europäischen Tierschutzbestimmungen als auch den ethischen Maßstäben der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. Meine Fraktion fühlt sich dem verfassungsrechtlichen Gestaltungsauftrag für einen wirksamen Tierschutz mit Nachdruck verpflichtet und lehnt Schlachttiertransporte in Drittländer ab. Nach meiner Auffassung erhielten die genannten Anträge aus zwei Gründen keine Zustimmung: Zum einen forderten sie Maßnahmen auf EU-Ebene, die die Bundesregierung bereits kontinuierlich und auf Initiative der CDU/CSU-Bundestagsfraktion verfolgt. Die oben angesprochene EU-Tierschutztransportverordnung sieht bereits umfangreiche Regelungen zum Transport lebender Tiere vor. Sie nimmt durchführende Transportunternehmer und alle EU-Mitgliedsstaaten in die Verantwortung. Sowohl meine Fraktion als auch das unionsgeführte Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sehen effiziente Kontrollen sowie eine einheitliche und konsequente Umsetzung der EU-Vorschriften in allen Mitgliedsstaaten daher als wirkungsvollsten Ansatzpunkt an. Schon 2014 legte der damalige Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Christian Schmidt, der Europäischen Kommission gemeinsam mit Dänemark und den Niederlande einen Antrag vor, um die Vorschriften von 2004 mit Blick auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu überarbeiten. Zu den Vorschlägen zählte, die Transportzeit von Schlachttieren generell auf maximal 8 Stunden zu begrenzen. Auf Drängen Deutschlands hat die Europäische Kommission eine EU-Tierschutzplattform eingerichtet, bei der es auch um die bessere Durchsetzung vorhandener Tierschutz-Standards geht.
Zum zweiten sind die in den Anträgen geforderten nationalen Maßnahmen und Verbote durch die Bundesregierung europarechtlich nicht möglich und wären zudem wirkungslos, da sie über Exporte aus anderen Mitgliedstaaten leicht zu umgehen wären. Schon heute dürfen die zuständigen Kontrollbehörden der Bundesländer selbstverständlich keine Tiertransporte genehmigen, die die tierschutzrechtlichen EU-Vorgaben nicht gewährleisten können.
Mit freundlichen Grüßen
Rudolf Henke MdB