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Rudolf Henke
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Frage von Dorith S. •

Frage an Rudolf Henke von Dorith S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Henke,

halten Sie Cum-Ex-Geschäfte auch für illegal, inakzeptabel und unmoralisch?

Was würden Sie mit den 55 Milliarden Euro machen, die uns durch den Steuerraub genommen wurden?

Wie werden Sie sich dafür einsetzen, die Steuergelder zurückzubekommen, um sie besser zu investieren?

Was muss sich ändern, damit Cum-Ex Praktiken wirkungsvoll gestoppt werden?

Dass Bänker, Superreiche und Konzerne gemeinsam 55 Milliarden Euro Steuergelder mit Cum Ex und Cum Cum Geschäften abkassieren, wo die Schere zwischen arm und reich ohnehin schon viel zu weit auseinander ist, ist für mich unerträglich.
Ich vertraue darauf, dass Sie für die Interessen von uns Bürgern eintreten. Unsere Steuern müssen gerecht eingesetzt werden und nicht einzelne noch Reicher zu machen, die schon mehr als genug haben.

Herzlichen Dank.

Mit hoffnungsvollen Grüßen,
D. S.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau S.,

ich bedanke mich für Ihre Fragen vom 10. November. Sie beziehen sich auf sogenannte Cum-Ex- Geschäfte im internationalen Aktienhandel und damit verbundene deutsche Steuerausfälle.

Bei Cum-Ex-Geschäften handelt es sich um komplizierte Aktientransaktionen, die Finanzmarktakteure bis 2012 zur Steuervermeidung in Deutschland genutzt haben. Das systematische Täuschungsmodell mit Aktien-Leerverkäufen um den Dividendenstichtag beruhte darauf, dass sich Aktionäre durch Absprachen eine einmal abgeführte Kapitalertragsteuer mehrfach vom Staat erstatten beziehungsweise anrechnen ließen. Seit Januar 2012 sind diese Transaktionen jedoch in Deutschland nicht mehr möglich, nachdem der Deutsche Bundestag dem Modell die Grundlage entzogen hatte (OGAW-IV-Umsetzungsgesetz). Die rechtliche, genauer gesagt die steuerstrafrechtliche Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte dauert aufgrund der enormen Komplexität der Einzelfälle noch an. Die juristischen Bewertungen sind dabei von zwei Auslegungsströmungen geprägt: Die eine Seite – unter anderem das Landgericht Köln und mehrere Strafverfolgungsbehörden – sieht bei Cum-Ex-Geschäften mit Leeverkäufen den objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt, während die Gegenposition von einer früheren Gesetzeslücke und zulässigen Formen der Steuergestaltung spricht. Ich persönlich neige wie der dazu eingesetzte parlamentarische Untersuchungsausschuss der ersten Auffassung zu, sodass ich diese Geschäfte insofern auch moralisch als unsittlich bewerte. Die Neugestaltung der rechtlichen Grundlagen verfolgte das Ziel, dem Grundsatz, dass Eigentum verpflichtet, Geltung zu verschaffen. Eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) liegt noch nicht vor.

Mitte Oktober erfuhr das Thema durch Medienberichterstattung neue Aufmerksamkeit – so vermutlich auch bei Ihnen. Ein Finanzwissenschaftler hatte berechnet, dass dem deutschen Staat sowohl durch Cum-Ex-Geschäfte als auch die verwandten Cum-Cum-Geschäfte seit 2001 mindestens 31,8 Milliarden Euro entgangen seien. Den deutschen Verlust durch Cum-Ex-Geschäfte zwischen 2005 und 2012 schätzte er auf mindestens 7,2 Milliarden Euro. Im Gegensatz dazu geht es nach aktuellen Daten des Bundesfinanzministeriums um 418 Verdachtsfälle mit einem Volumen von circa 5,7 Milliarden Euro, wovon 2,4 Milliarden Euro inzwischen an den Fiskus zurückgezahlt sind oder nie ausgezahlt wurden.

Am 7. November fand im Deutschen Bundestag eine Aktuelle Stunde zum Thema Cum-Ex-Gestaltungen statt. Meine Fraktionskollegen, die seit mehreren Jahren im Finanzausschuss mit dem Thema betraut sind, wiesen in der Debatte zurecht auf die intensive Aufarbeitung durch den bereits angesprochenen parlamentarischen Untersuchungsausschuss in der letzten Legislaturperiode hin. Der Untersuchungsausschuss tagte von Februar 2016 bis Juni 2017 insgesamt 46 Mal. Dabei hörte er rund 70 Zeugen inklusiver zwei Bundesfinanzminister an, um die sehr komplexen Ursachen, den zeitlichen Verlauf und Gegenmaßnahmen zu untersuchen. Der über 800-seitige Abschlussbericht beantwortet eine Vielzahl der nun erneut aufgeworfenen Fragen. Zugleich ist offensichtlich, dass die schwierigen Ermittlungen der Steuer- und Justizbehörden noch einige Jahre dauern werden. Für mich ist es Aufgabe der Behörden, die Verantwortlichen soweit als möglich zur Rechenschaft zu ziehen, strafrechtlich zu verfolgen und zur Rückzahlung vorenthaltener Steuergelder zu bringen. Daher stimmt mich die Auskunft des hessischen Landesfinanzministers Thomas Schäfer hoffnungsvoll, dass allein die dortige Finanzverwaltung bereits 770 Millionen Euro durch zehn abgeschlossene Fälle in die Steuerkassen zurückgeführt habe.

Mit freundlichen Grüßen
Rudolf Henke MdB