Frage an Rudolf Henke von Wilfried M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Kollege Henke,
MdB Wiese (SPD) hat hier geäußert, Mitglieder Ihrer Fraktion sträubten sich gegen eine -gemäß SPD-Fraktion weitergehend gewünschte- Gesetzesänderung zur vermehrten Nutzung audiovisueller Aufzeichnungen von Vernehmungen (Zeugen, Beschuldigte) in Ermittlungsverfahren. (1).
Mich interessiert der genaue sachliche Hintergrund zumal mit Blick auf die zischenmenschlichen (und zugleich grundrechtlichen) Probleme.
Würden Sie so freundlich sein, die sachliche Begründung für die "Fraktionsmeinung" hier bekannt zu machen?
Eine ordentliche Behandlung z.B. in einer Forensichen Klinik setzt voraus, daß die Diagnose stimmt, die bekanntlich nicht ohne persönliche Untersuchung z.B. des begutachtenden Arztes gestellt werden kann. In der Gutachterszene gibt es aber allerhan Probleme, wie man gerade im Fall Beate Zschäpe liest.
1.) Spricht denn -im Zusammenhang mit dem Regelungsgehalt der §§ 136a und 250 StPO- noch immer etwas gegen die einvernehmliche audiovisuelle Dokumentation des Untersuchungsgespräches, das ein Beschuldigter mit einem Psychiater im Rahmen einer Begutachtung -sozusagen als Zeuge in eigener Sache- führt?
2.) Können Sie -anders als ich- einen einzigen Lehrstuhlinhaber der Psychiatrie und der Psychologie namhaft machen, der -nicht nur mir unverständliche- Vorbehalte z.B. der Abgeordneten/Ex-Richterin/Ex-Staatsanwältin Dr. iur. Launert (2) gegenüber der Videodokumentation des Untersuchungsgespräches aufgrund nachlesbarer sachkundiger Erwägungen teilt?
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Dipl. med.
Facharzt für Anatomie, Psychiatrie und Psychotherapie a.D.
Anti-Korruption . Reformation 2014 e.V.
1) http://www.abgeordnetenwatch.de/frage-778-78575--f465707.html#q465707
2) s. seit 7.2.16 andauerndes Schweigen auf Nachfragen der Frau Neranzakis-Markert: http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_silke_launert-778-78618--f450315.html#q450315
Sehr geehrter Herr Meißner,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 10. Mai 2017 zur audiovisuellen Dokumentation von Untersuchungsgesprächen.
Der Deutsche Bundestag hat am 22. Juni 2017 dem Gesetzentwurf zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens zugestimmt. Das Gesetz sieht unter anderem eine Pflicht für Zeugen vor, bei der Polizei zu erscheinen, sowie Änderungen im Befangenheitsrecht und die Möglichkeit einer Fristsetzung im Beweisantragsrecht. Zusätzlich wird die Regelung zur verpflichtenden audiovisuellen Aufzeichnung von Beschuldigtenvernehmungen im Rahmen polizeilicher Ermittlungsverfahren bei Verdacht vorsätzlicher Tötungsdelikte und bei besonderer Schutzbedürftigkeit der Beschuldigten, eingeführt. In diesem Rahmen forderte unser Koalitionspartner bei den Verhandlungen zum Gesetzentwurf audiovisuelle Dokumentationen in weiteren Ermittlungsverfahren, auch bei anderen als den bereits genannten Delikten, verpflichtend einzusetzen. Nach meiner Kenntnis der Beratungen sah die CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag in dieser Verpflichtung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen, sowie unter anderem die Gefahr des Verlusts der Aussagebereitschaft von Beschuldigten bei audiovisuellen Aufnahmen. Die nun getroffene Regelung trägt diesen Bedenken Rechnung.
Regelungen zur einvernehmlichen audiovisuellen Dokumentation von Untersuchungsgesprächen zwischen Beschuldigtem und Psychiater sind in dem verabschiedeten Gesetz nicht gemeint und haben nach meiner Kenntnis auch nicht zur Debatte gestanden. Insbesondere hat die von Ihnen angesprochene Bundestagskollegin Dr. Launert dazu auch keine Stellung bezogen. Für den Fall, dass Sie an einer wissenschaftlich-ärztlichen Bewertung der audiovisuellen Dokumentation von Arzt-Patient- bzw. Gutachter-Probanden-Gesprächen interessiert sind, empfehle ich Ihnen den direkten Kontakt mit der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN).
Mit freundlichen kollegialen Grüßen,
Rudolf Henke MdB